Mit dem Siegeszug der mediterranen Küche in der deutschen Restaurantlandschaft hat auch das Olivenöl Einzug in die heimische Ernährung gefunden. Gewiss war es hierzulande schon seit Jahrhunderten bekannt und geschätzt, aber von einem nennenswerten Konsum kann mit steigender Tendenz erst ab den 1980er Jahren gesprochen werden.
Inzwischen bringen es die Deutschen auf rund einen Liter Olivenöl pro Jahr. Das ist im Vergleich zum Konsum beispielsweise auf der griechischen Insel Kreta, dort sind es über 30 Liter, immer noch verschwindend gering. Die griechischen Insulaner haben nun bekanntermaßen eine der höchsten Lebenserwartungen weltweit. Zudem sind sie deutlich weniger von Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes, Arthrose und anderen Leiden betroffen, die den Menschen in der westlichen Welt zu schaffen machen.
Oliven als zentraler Pfeiler der Mittelmeerdiät
Als Hintergrund dafür ist inzwischen die Ernährung als zentraler Faktor anerkannt. Man spricht prägnant von der “Mittelmeerdiät“: Viel fetter Fisch, frisches Obst und Gemüse, Rotwein sowie Olivenöl sind dabei auch wörtlich in aller Munde. Vergessen wird hier allerdings, dass auf Kreta, wie im gesamten Mittelmeerraum ein weiteres Produkt des Ölbaums (Olea europaea) genutzt wird, das gerade erst dabei ist, auch in nördlicheren Gefilden entdeckt zu werden. Die Rede ist von Olivenblättern.
Polyphenole – Die Wirkstoffe des Olivenbaums
Die gesundheitsfördernde Wirkung aus dem Öl der Früchte des Olivenbaums resultiert neben dem hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren (vor allem Linolsäure) auch aus dem Gehalt an Polyphenolen. Ein hervorragendes kaltgepresstes Olivenöl erkennt man daher, insofern es frisch und nicht manipuliert ist, an seinem deutlich scharfen und bitteren Geschmack. Dieser ist auf einen Anteil von manchmal über 600 Milligramm Polyphenole pro Liter zurückzuführen.
3.000fache Konzentration des Polyphenols Oleuropein in Olivenblättern
In Olivenblättern sind eben diese sekundären Pflanzenstoffe in konzentrierter Form zu finden. Rund 30 verschiedene Polyphenole wurden inzwischen in den Blättern entdeckt. Das wichtigste unter ihnen, das Oleuropein, liegt in einer bis zu 3.000fach höheren Konzentration vor als in Olivenöl. Darüber hinaus ist in den Olivenblättern das sehr stark antioxidant wirkende Hydroxytyrosol zu finden, das eine sagenhafte Sauerstoffradikal- Abfangkapazität von 27.000 Mikromol Trolox-Äquivalenten pro Gramm (umolTE/g) hat – das zehnfache im Vergleich zu Vitamin C.
Ebenfalls antioxidativ wirken die enthaltenen Flavonoide Hesperidin, Quercetin und Rutin. Aber nicht nur sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine wirken antioxidativ. Auch der in Olivenblättern enthaltenen Kohlenstoffverbindung Squalen ist diese Eigenschaft zuzuschreiben. Squalen hat jedoch anders als die Mehrzahl der anderen Antioxidantien den Vorteil, dass es lange im Körper gespeichert werden kann.
Oleuropein schützt den Olivenbaum und den Menschen
Insbesondere Oleuropein (12.000 umolTE/g) kommen auch entzündungshemmende Eigenschaften zu. Außerdem ist dieser Stoff wesentlich mitverantwortlich für die Robustheit des Olivenbaums. Das heißt, er wirkt antiviral, antifugal, antibakteriell und reguliert Immunreaktionen.
Olivenblätter als Salbe, Tee oder Extrakt wirken in vielfacher Weise gesundheitsfördernd
Seit der Antike werden Olivenblätter äußerlich – auch verarbeitet zu Pasten und Salben – bei Verletzungen, oberflächlichen Entzündungen und rheumatischen Beschwerden angewendet. Im deutschsprachigen Raum werden die Vorteile dieser Behandlung schon von Hildegard von Bingen beschrieben. Aus den Blättern wird zudem ein Tee bereitet. Diese innere Anwendung verbessert den Blutfluss. Dadurch wird der Blutdruck reguliert.
Weiterhin kommt es bei regelmäßiger Einnahme zu einer Senkung der LDL-Cholesterin-Werte und zu einer günstigen Beeinflussung des Blutzuckerspiegels. Wie bei der äußeren Anwendung stellen sich auch Linderungen bei rheumatisch-arthritischen Erkrankungen ein. Die entgiftenden Eigenschaften stärken das Immunsystem und bieten einen Schutz gegen Grippe und Erkältungskrankheiten sowie Pilzbefall und Infektionen. Schließlich ist den Olivenblättern auch eine beruhigende Wirkung zu Eigen, weswegen ein Genuss des Tees auch den gesunden Schlaf fördert. Neben den unverarbeiteten Blättern sind auch Präparate mit Olivenblattextrakt erhältlich, in denen die Wirkstoffe in konzentrierter Form vorliegen.
Ausgewählte Studien zu Olivenblättern
Olivenblätterextrakt senkt Blutdruck fast so effektiv wie Medikament
Alle aufgeführten Eigenschaften sind durch zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigt worden. So beschäftigte sich im Jahre 2011 ein Team der Medizinischen Hochschule an der Universität von Indonesien in einer klinischen, randomisierten, placebo-kontrollierten Doppel-Blind-Studie im Parallel-Design mit den blutdrucksenkenden Effekten des Olivenblattes. Insgesamt 200 Patienten mit milder Hypertonie (Bluthochdruck) bekamen über acht Wochen entweder 500 Milligramm Olivenblätterextrakt oder den pharmazeutischen ACE-Hemmer Captopril verabreicht.
Mit dem Olivenblätterextrakt ging der systolische Wert nach zwei Monaten um 11,5 mmHg und der diastolische um 4,8 mmHg zurück. Bei dem ACE-Hemmer war der Rückgang mit 13,7 und 6,4 mmHg nur geringfügig höher. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass Olivenblätterextrakt fast so wirksam ist wie das pharmazeutische Medikament Captopril.1
Viele Typ-2-Diabetes-Risikofaktoren durch Olivenblätterextrakt vermindert
Im Falle der Senkung von Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes wurde jüngst an der Universität von Auckland, Neuseeland, eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppel-Blind-Studie im Crossover-Design durchgeführt.2 Hier bekam, bei einer Gesamtteilnehmerzahl von 46 übergewichtigen Männern im Alter von 40 bis 52 Jahren, eine Gruppe über einen Zeitraum von 12 Wochen täglich ein Präparat mit Olivenblätterextrakten, das 51,1 Milligramm Oleuropein und 9,7 Milligramm Hydroxytyrosol enthielt.
Die Probanden der anderen Gruppe nahmen ein Placebo zu sich. Dabei brachte die Verabreichung von Olivenblätterextrakten im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine um 15 Prozent verbesserte Insulinsensitivität, eine um 28 Prozent erhöhte Reaktionsfähigkeit der Präproinsulin bildenden Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse und eine beschleunigte Regulierung von Interleukin-6 sowie der Bindungsproteine für Insulinähnliche Wachstumsfaktoren IGFBP-1 und IGFBP-2.
Inhaltsstoffe von Olivenblättern hemmen Gicht verursachendes Enzym
Als erster Nachweis des Wirkmechanismus der Inhaltsstoffe in Olivenblätter gegen Gicht kann eine Studie der Universität von Leipzig gelten. Die deutschen Wissenschaftler fanden dabei heraus, das Oleuropein sowie auch weitere Bestandteile der Olivenblätter direkt das Enzym Xanthinoxidase hemmen. Xanthinoxidase ist verantwortlich für die Katalysierung von Harnsäure in Leber und Nieren, was zu einem erhöhten Harnsäurespiegel und Gicht führt.3
Also: genießen Sie mal wieder einen griechischen Salat und machen Sie sich ohne Reue wohlschmeckendes, hochwertiges Olivenöl an den Salat!
Quellen:
- Susalit, E., et al., “Olive (Olea europaea) leaf extract effective in patients with stage-1 hypertension: comparison with Captopril”, Phytomedicine, 2011 Feb 15;18(4), 251 – 258. ↩
- Hofman, Paul L., et al., “Olive (Olea europaea L.) Leaf Polyphenols Improve Insulin Sensitivity in Middle-Aged Overweight Men: A Randomized, Placebo-Controlled, Crossover Trial”, PlosOne, Epub published ahead of print. ↩
- Rauwald, H. W., et al., “Olea europaea leaf (Ph.Eur.) extract as well as several of its isolated phenolics inhibit the gout-related enzyme xanthine oxidase”, Phytomedicine, 2011 May 15;18(7), 561 – 566. ↩