Angereicherte Lebensmittel verbessern die Versorgung mit Vitamin D – Vitamin D “Bio-Hinzufügung” kann eine weitere Alternative sein
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung vertritt eine sehr eindeutige Position zur Verwendung von Vitamin D angereicherten Lebensmitteln. Auf die entsprechende Frage antwortet es: “Eine Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D ist nicht empfehlenswert.” (1) Das Institut vertritt vielmehr die Empfehlung, täglich verschiedene Hautpartien fünf bis zu 25 Minuten der Sonnenbestrahlung auszusetzen.
Einmal mehr beweist das BfR, wie wirklichkeitsfremd die Empfehlungen sind. Es ignoriert die Sachlage, dass bei Blutuntersuchungen je nach zugrunde gelegtem Grenzwert und Jahreszeit bis zu 90% aller Deutschen bzw. Mitteleuropäer zu wenig Vitamin D im Blut haben. Es verschliesst sich vor der Wirklichkeit der modernen Arbeitswelt, die es in der Woche oft nicht zulässt, eine halbe Stunde ein Sonnenbad zu nehmen. Und es ignoriert die Ereknntnis, dass für eine ausreichende Vitamin D Synthese in der Haut eine ausreichend hoch stehende Sonne notwendig ist. Bei mindestens 45 Grad über dem Horizont zieht man normalerweise die Grenze. So hoch steht die Sonne das ganze Winterhalbjahr nicht und im Sommer nur während der erweiterten Mittagszeit – wenn es nicht gerade bewölkt ist.
Mit seiner Nicht-Empfehlung für eine Vitamin D Anreicherung sind die BfR Wissenschaftler mitverantwortlich für Zivilisationskrankheiten, die sich aus dem dauerhaften Mangel ergeben.
Jeden Tag ein Vitamin D angereichertes Ei? Studienergebnisse
Nun hat eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Irland und Dänemark eine sehr aufschlussreiche Untersuchung zum Thema Vitamin-D-Anreicherung von Lebensmitteln veröffentlicht. Für die randomisierte, kontrollierte Studie standen 55 Testpersonen im Alter von 45 bis 70 Jahren zur Verfügung. Sie wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die Teilnehmer der ersten Gruppe, die gleichzeitig als Kontrollgruppe diente, wurden angewiesen über einen Zeitraum von acht Winterwochen wöchentlich zwei oder weniger handelsübliche Hühnereier zu sich zu nehmen. In der zweiten Gruppe wurden in der Woche sieben Vitamin D3 angereicherte Eier verzehrt. Die gleiche Menge wurde in der dritten Gruppe aufgenommen. Nur waren die Eier hier mit der Vitamin-D-Speichervariante 25(OH)D3 angereichert.
Ohne angereicherte Nahrung hohes Risiko für Vitamin-D-Mangel im Winter
Der Serumgehalt an Speichervitamin 25(OH)D3 wurde auch zur Bewertung des Vitamin-D-Status herangezogen. So fanden vor und nach der Einnahmephase Blutuntersuchungen statt. Die 25(OH)D3-Konzentration der Teilnehmer aller drei Gruppen zeigten hier am Anfang keine nennenswerten Unterschiede. Bei der Enduntersuchung hingegen lag der 25(OH)D3-Wert in der Kontrollgruppe um durchschnittlich sieben beziehungsweise acht Nanomol pro Liter niedriger als in den beiden Gruppen, in denen angereicherte Eier vergeben wurden.
Anders ausgedrückt lag der Serum-25(OH)D3-Gehalt bei 22 Prozent der Teilnehmer, die maximal zwei normale Eier pro Woche aßen, unter 25 Nanomol pro Liter. Nach allgemeiner Auffassung ist in diesen Fällen die Grenze zu einem Mangelzustand überschritten, der ein Eingreifen erforderlich macht. In den beiden anderen Gruppen lag kein Teilnehmer unter diesem kritischen Wert. Dabei spielte es nur eine sehr untergeordnete, statistisch nicht relevante Rolle, ob die Eier mit Vitamin D3 oder 25(OH)D3 angereichert wurden (2).
Mindestens über 40 Prozent der Europäer haben Vitamin-D-Defizit
Die Untersuchung fand im Rahmen des großangelegten ODIN-Projektes statt, an dem seit 2013 insgesamt 30 Partnerinstitutionen aus 18 Ländern teilnehmen. Mit sechs Millionen Euro stellt die EU einen Großteil des Budgets von knapp acht Millionen Euro. In einer vorangegangenen, gemeinsamen Veröffentlichung stellen die Projektteilnehmer heraus, dass durchschnittlich etwa 13 Prozent der EU-Bevölkerung ganzjährig mit Serum-Werten von weniger als 30 Nanomol je Liter an einem Vitamin-D-Mangel leiden.
In einer rund 56.000 EU-Bürger umfassenden Stichprobe stieg dieser Wert von Oktober bis März auf 17,7 Prozent und fiel zwischen April und November auf 8,3 Prozent. Ein Vitamin-D-Defizit mit einem Serumgehalt von weniger als 50 Nanomol pro Liter liegt nach Aussagen der ODIN-Wissenschaftler bei über 40 Prozent der Europäer vor (3).
Vitamin D ist unter anderem wichtig für Hormonbildung, das Immunsystem, die Fruchtbarkeit und den Magnesium-Stoffwechsel und damit den Erhalt gesunder Knochen. All diese Körperfunktionen funktionieren nur eingeschränkt, wenn der Vitamin D Spiegel im Blut zu gering ist.
“Bio-Hinzufügung” – Tierfutter mit Vitamin D anreichern
Schlussfolgerung daraus kann nur sein, dass die Aufnahme von Vitamin D über die Bildung auf der Haut sowie die Versorgung aus der Nahrung in weiten Teilen der Bevölkerung nicht in den empfohlenen Mengen gewährleistet ist. Die Forscher der ODIN-Studie entwickeln hier alternativ zur Vitamin-D-Anreicherung von Lebensmitteln den Vorschlag einer “Bio-Hinzufügung“. Darunter wird die Anreicherung von Tierfutter mit Vitamin D verstanden, wodurch der Vitamin-D-Gehalt entsprechender Nahrungsmittel entscheidend erhöht wird.
Eine zunächst ebenfalls in Betracht gezogene UV-Bestrahlung von Hefe zur Steigerung des Vitamin-D-Gehaltes im Brot wurde später jedoch als unwirksam verworfen. Das so entstandene Vitamin D war für den menschlichen Organismus nicht bioverfügbar (4).
Tipp: Bio-Eier auch reicher an Vitamin D
Die “Bio-Hinzufügung” scheint dagegen tatsächlich ein gangbarer Weg zur Verbesserung der Versorgung mit Vitamin D zu sein. Verbraucher können übrigens bereits jetzt schon durch eine natürliche “Bio-Hinzufügung” unter anderem ihren Vitamin-D-Status verbessern: Hühner, die die Möglichkeit haben, Pflanzen, Insekten und andere Kleintiere zu fressen, produzieren nämlich bei weitem gehaltvollere Eier. Diese Bio- und Freilandeier enthalten neben mehr Omega 3 und Vitamin E auch ein Vielfaches an Vitamin D im Vergleich zu Eiern von Hühnern aus anderen Haltungsformen.
Quellen:
(1) Bundesinstitut für Risikobewertung, Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D, http://www.bfr.bund.de/de/ausgewaehlte_fragen_und_antworten_zu_vitamin_d-131898.html
(2) Hayes, A., et al., Vitamin D-enhanced eggs are protective of wintertime serum 25-hydroxyvitamin D in a randomized controlled trial of adults, Am J Clin Nutr. 2016 Sep;104(3), S. 629 – 37.
(3) Cashman, Kevin D., et al., Vitamin D deficiency in Europe: pandemic?, Am J Clin Nutr. 2016, Epub published ahead of print.
(4) Itkonen, Suvi T., et al., Effects of vitamin D2-fortified bread v. supplementation with vitamin D2 or D3 on serum 25-hydroxyvitamin D metabolites: an 8-week randomised-controlled trial in young adult Finnish women, British Journal of Nutrition, Volume 115, Issue 7 April 2016, S. 1232 – 1239.