Neue Aussagen zu Biotin, Niacin und Vitamin D in Bezug auf Säuglinge und Kleinkinder sind von Seiten der Nahrungsergänzungsmittelhersteller statthaft. Dies hat die EFSA bestätigt und erlaubt damit Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln verschiedene weitere Aussagen zur Förderung der Gesundheit durch Vitaminaufnahme auch bei Kindern.
Allgemeine “Health Claims” als erlaubte Aussagen zu gesundheitsbezogenen Eigenschaften von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln sind inzwischen bekannt. Spätestens beim Blick auf die Verpackung beispielsweise eines Vitaminpräparates wird auffallen, dass alle Produkte mit den gleichen Aussagen zur Wirkung beworben werden: ” … trägt zu einer normalen … bei.” Weitergehende Aussagen als diejenigen, welche in der “Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben” derzeit aus der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 hervorgehen sind nicht statthaft (1).
Verstößt ein Anbieter dagegen, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu sehr kostenintensiven Abmahnungen. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, gehen die meisten Hersteller inzwischen her und schreiben einfach aus der oben genannten Liste offizielle Formulierungen ab. Ansonsten wird nichts über mögliche Wirkungen erwähnt und stattdessen wie im Falle von OPC zum Beispiel die Funktion von Polyphenolen bei Pflanzen dargestellt. Das ist zwar für den Verbraucher weniger relevant, rechtlich jedoch unbedenklich. Spitz formuliert wäre Skorbut heute noch ein Problem auf hoher See, wenn die Menschen ausschließlich verordnungskonform informiert würden, da in der Liste kein Zusammenhang mit Vitamin C hergestellt wird.
Aussagen, die sich auf Kinder beziehen, werden in speziellen Verfahren bewertet
Die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 fußt auf dem Regelwerk Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Diese grundlegende Durchführungsverordnung hält in ihrem Artikel 14 eine weitere Regulierung mit weitreichenden Konsequenzen bereit. Da geht es nämlich um erlaubte Angaben, die im Zusammenhang mit einer Verringerung von Krankheitsrisiken und Effekten auf die Entwicklung sowie den allgemeinen Gesundheitszustand bei Kindern stehen. Hier ist ein gesondertes Antragsverfahren vorgesehen (2).
Sehr stichhaltige Studien Voraussetzung für den Erfolg eines Antrags
Antragsteller sind in der Regel Hersteller bestimmter Produkte, über deren Inhaltsstoffe Aussagen durch die EU Kommission beziehungsweise die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt werden sollen. So können sie Eingang in die entsprechende Liste von erlaubten Aussagen finden.
Der Antrag kann aber auch von Interessensverbänden gestellt werden. Auch dies geschieht häufig, da für die Beantragung umfangreiche sowie sehr belastbare wissenschaftliche Studien erstellt werden müssen, was die Mehrzahl der Hersteller alleine überfordert. Dies war auch bei drei Anträgen der Specialised Nutrition Europe (SNE) der Fall, die kürzlich in Bezug auf Kinder bestätigt wurden. Der SNE gehört zu den ganz großen Verbänden in dem unter anderem auch der Diätverband Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für besondere Ernährungszwecke e.V. organisiert ist.
Gerichtet an die Zielguppe Säuglinge und ein- bis dreijährige Kinder beziehungsweise deren Eltern darf nun ausgesagt werden:
- “Niacin trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei.” (3)
- “Biotin trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei.” (4)
- “Vitamin D trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei.” (5)
Weitere Regeln müssen für die Health Claims beachtet werden
Alle drei Aussagen sind bereits in der Liste der allgemeinen Health Claims vorhanden. Selbstverständlich gilt auch für die Spezialisierung der Aussagen auf Kinder, dass die entsprechenden Produkte die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erfüllen müssen. Dazu gehört auch, dass eine Tagesportion von Lebensmitteln wie Getreidebreikost oder Babynahrung mindestens 15 Prozent der von der EFSA festgelegten empfohlenen täglichen Nährstoffzufuhr abdecken muss.
Werden diese Produkte für besondere medizinische Zwecke bei Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt, müssen zudem die strengen Auflagen der Richtlinie 1999/21/EG erfüllt sein. So muss dann zutreffen, dass in der speziellen Situation ein bestimmter Nährstoffbedarf nicht durch konventionelle Lebensmittel abgedeckt werden kann (6).
Laktase-Enzym verfehlt Zulassung für den Olymp der Health Claims
Eine Aussage aus einem vierten Antrag wurde jedoch nicht angenommen. Hierbei ging es um das Anliegen des Unternehmens Cross Vetpharm Group UK für eines seiner Produkte, das ein bestimmtes Lactase Enzym bereitstellt. Dazu sollte bestätigt werden, dass es die Belastung durch Laktose in Säuglingsnahrung verringert und die Folgen einer Laktose Maldigestion abmildert. Maldigestion ist eine Verdauungsstörung, die häufig auf einer angeborenen Lactoseintoleranz beruht. Betroffene Säuglinge sind zu einer vollständigen Verdauung von Laktose nicht in der Lage und neigen daher häufig zu Koliken.
Dem soll vor der Entwöhnung bis zum fünften Monat das Laktase-Enzym Beta-Galactosidase entgegenwirken. Es entsteht durch die Fermentation der Hefe Kluyveromyces lactis. Kluyveromyces lactis ist auch bekannt, da diese Hefesorte für die Herstellung von Kefir verwendet wird. Das zuständige Gremium konnte dem Antrag von Cross Vetpharm jedoch nicht zustimmen, da es die Beweise für die angegebene Wirkung als nicht ausreichend erachtet.
Die Gremiums-Mitglieder würdigten wohl, dass die Verringerung von Magen-Darm-Beschwerden bei Säuglingen und Kleinkindern zu den positiven physiologischen Wirkungen in den vorgelegten Humanstudien gehörten. Allerdings sei dort nicht hinreichend die Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Cross-Vetpharm-Produkt und dem gesundheitlichen Nutzen belegt worden.
Quellen:
(1) Verordnung (EU) Nr. 432/2012, http://www.health-claims-verordnung.de/resources/HCVO+Verordnung+$28EU$29+Nr.+432_2012.pdf
(2) Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:012:0003:0018:DE:PDF
(3) Niacin and contribution to normal energy-yielding metabolism: evaluation of a health claim pursuant to Article 14 of Regulation (EC) No 1924/2006, http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4180
(4) Biotin and contribution to normal energy-yielding metabolism: evaluation of a health claim pursuant to Article 14 of Regulation (EC) No 1924/2006, http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4181
(5) Vitamin D and contribution to the normal function of the immune system: evaluation of a health claim pursuant to Article 14 of Regulation (EC) No 1924/2006, http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4182
(6) Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Text von Bedeutung für den EWR), http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:31999L0021&from=EN