Glutamat ist in Europa ein gängiger Zusatzstoff. Es dient in vielen Gerichten, vor allem Fertiggerichten, als Geschmacksverstärker. Glutamat sind Salze der Glutaminsäure und nicht zu verwechseln mit der ähnlich klingenden Aminosäure L-Glutamin. War es Unternehmen bisher recht frei überlassen, wie sie Glutamat dosieren, so hat sich jetzt die EFSA erstmals mit den Grenzen seiner Unbedenklichkeit beschäftigt. So sollen Überdosierungen von Glutamat vermieden werden.
E-Nummern auf Lebensmittelverpackungen kennzeichnen zugelassene Zusatzstoffe. Sie sind gewiss ein Indikator dafür, wie naturbelassen oder stark verarbeitet ein Produkt ist. Ein großer Bereich der E-Nummern umfasst Geschmacks- und Aromastoffe. Darunter befinden sich auch die Glutamat-Lebensmittelzusatzstoffe. Das ist zum einen die proteinogene, nicht-essentielle Aminosäure Glutaminsäure. Sie ist in nahezu allen Proteinen vorhanden und daher immer Bestandteil eiweißhaltiger Nahrungsmittel. Als Zusatzstoff trägt L-Glutamat die Bezeichnung E 620. Darüber hinaus werden auch einige Salze und Ester der Glutaminsäure verwendet, die sogenannten Glutamate. Das sind Natriumglutamat oder Natriumsalz (E 621), Kaliumglutamat (E 622), Calciumglutamat (E 623), Ammoniumglutamat (E 624) und Magnesiumglutamat (E 625).
Glutamat als Geschmacksverstärker: “Umami“
Alle diese Glutamate haben die Eigenschaft, dass sie den Geschmack von Nahrungsmitteln subjektiv aufwerten. Dieser Effekt wurde im Jahre 1908 von dem japanischen Wissenschaftler Ikeda Kikunae entdeckt und neben süß, sauer, salzig und bitter als eigene Geschmacksrichtung, “Umami” oder Wohlgeschmack, bezeichnet. Seither hat Glutamat einen Siegeszug bei der Herstellung von Lebensmitteln angetreten. Knapp zwei Millionen Tonnen werden heute jährlich produziert. Besonders gerne greifen dabei Verbraucher in Europa auf den Geschmacksverstärker zurück.
Bei Glutamat-Überempfindlichkeit könnte China-Restaurant-Syndrom drohen
Nun ist dieser Konsum möglicherweise jedoch nicht ganz unbedenklich. Bekannt ist beispielsweise das China-Restaurant-Syndrom. Dabei wird in den meisten Fällen eine Glutamat-Überempfindlichkeit oder -Unverträglichkeit angenommen. Sie äußert sich kurzzeitig nach dem Genuss glutamat-reicher Speisen, also besonders häufig nach dem Besuch im China-Restaurant, unter anderem durch Kopfschmerzen, Übelkeit, Hautrötungen, Engegefühl, Glieder- und Muskelbeschwerden sowie Herzklopfen.
Der Fairness halber muss jedoch festgestellt werden, dass die auslösende Wirkung von Glutamat nicht mit Sicherheit behauptet werden kann. Dagegen spricht beispielsweise, dass eine tägliche Zufuhr von etwa zehn Gramm Glutaminsäure aus der natürlichen Nahrung normal sind, ohne dass selbst bei bestätigt überempfindlichen Menschen Symptome auftreten.
EFSA legt sehr niedrig angesetzte Unbedenklichkeitsgrenze für Glutamat fest
Die Verwendung von Glutamat als Zusatzstoff gilt daher bislang als sicher. Unter anderem aufgrund des hohen Konsums in der Gemeinschaft hat sich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) allerdings entschlossen, erstmals Grenzwerte für Aufnahmemengen festzulegen. Danach werden täglich bis zu 30 Milligramm Glutamat-Zusatz pro Kilogramm Körpergewicht als unbedenklich angesehen. Das ist die höchste Menge, bei der in keiner der vorliegenden Tierstudien irgendwelche negativen Auswirkungen festgestellt werden konnten.
Für eine Person mit einem Körpergewicht von 70 Kilogramm sind das 2,1 Gramm Glutamat als Zusatzstoff. Das ist, wie auch die EFSA feststellt, eine Menge, die gewöhnlich überschritten wird. Sie liegt auch deutlich unterhalb der Grenze, ab der das Auftreten von Symptomen des China-Restaurant-Syndroms beobachtet wurden.
Zu Kopfschmerzen kommt es hier in Untersuchungen an überempfindlichen Menschen ab 85,8 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Ein Anstieg des Blutdrucks ist im selben Personenkreis ab 150 mg/kg festzustellen. In der Praxis ist auch eine Aufnahme in diesen Bereichen, in denen bei bestimmten Bevölkerungsgruppen gesundheitliche Auswirkungen zu erwarten sind, regelmäßig anzutreffen.
Experten schlagen Neufestlegung von Glutamat-Höchstmengen in Lebensmitteln vor
Daher wollen die EFSA-Experten die Europäische Kommission ebenfalls von der Notwendigkeit überzeugen, die zulässigen Grenzwerte für eine Glutamat-Zugabe in Lebensmitteln zu überarbeiten. Das betrifft insbesondere diejenigen Nahrungsmittelgruppen, über die am meisten Glutamat aufgenommen wird. Dazu gehören feine Backwaren, Suppen, Brühen und Saucen, Fleisch und Fleischprodukte, Gewürze und andere Würzmittel wie Ketchup, Mayonnaise oder Senf sowie Nahrungsergänzungsmittel.
Bisher gilt hier ohne Unterscheidung zwischen den einzelnen Lebensmitteln eine Höchst-Zugabe von zehn Gramm pro Kilogramm. In einigen Bereichen wie bei Salzersatzstoffen, Gewürzen und anderen Würzmitteln sind gar keine konkreten Werte festgelegt. Hier wird derzeit lediglich die Einhaltung einer guten Herstellungspraxis verlangt. Nach EFSA-Angaben würde die angestrebte Neuregelung daher zu einem besseren Schutz der Verbrauchergesundheit beitragen.
Quelle: EFSA, Re-evaluation of glutamic acid (E 620), sodium glutamate (E 621), potassium glutamate (E 622), calcium glutamate (E 623), ammonium glutamate (E 624) and magnesium glutamate (E 625) as food additives, 21.06.2017