Leucin ist eine der drei verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAA). Wer Muskeln aufbauen möchte, sollte seine Proteineinnahme um Leucin ergänzen. Das hat eine schottische Studie nachgewiesen.
Im Jahre 2012 deckte ein Team der kanadischen McMaster Universität in Hamilton auf, dass die Aufnahme von Molkeprotein, auch Whey Protein genannt, eine Fortführung der Muskel-Protein-Synthese in der Folge eines Intensivtrainings um bis zu fünf Stunden erreichen kann. Bei einer Zufuhr der verzweigtkettigen Aminosäure Leucin wurde dies nicht beobachtet (1).
Hier wurde also der Einnahme von Molkeprotein gegenüber Leucin ein gewisser Vorzug eingeräumt. Auf den ersten Blick in einem gewissen Widerspruch dazu stehen aktuelle Studienresultate des gleichen Teams aus dem Jahre 2014. Dort heben die Autoren nämlich Leucin im Vergleich zu Molkeprotein hervor. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Erweiterung der Kenntnisse.
Studie testet unterschiedliche Dosierungen von Molkeprotein und Leucin
In ihrer neuen Untersuchung ging es den Wissenschaftlern wesentlich um die Effekte, die durch unterschiedliche Dosierungen von Leucin und/oder Molkeprotein entstehen. Für ihre randomisierte Doppel-Blind-Studie wählten sie daher ein Parallel-Design. Insgesamt 40 junge Männer im Alter von 20 bis 22 Jahren absolvierten dazu Knie-Streckübungen.
Daraufhin wurden sie in fünf Gruppen eingeteilt. Sie bekamen dort entweder 25 Gramm Molkeprotein, das natürlicherweise bereits drei Gramm Leucin enthält, oder 6,25 Gramm Molkeprotein mit entsprechend geringerem Leucin-Anteil. Auch in den anderen drei Gruppen wurden 6,25 Gramm Molkeprotein verabreicht. Zusätzlich dazu wurde Leucin bis auf eine Gesamtdosis von drei oder fünf Gramm beziehungsweise Leucin, Isoleucin und Valin ebenfalls bis auf eine Gesamtdosis von fünf Gramm Leucin vergeben. In der letztgenannten Gruppe nahmen die Probanden also alle Formen der verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAA) ein. Die Ergänzung wurde jeweils in einem Getränk aufgelöst.
Niedrige Molkeprotein-Dosierung plus Leucin wirkt fast identisch wie hochdosiertes Molkeprotein
Die Muskel-Protein-Synthese wurde im Ruhezustand sowie während der Trainingssituation bewertet. Dabei kamen die kanadischen Forscher zu dem Ergebnis, dass die höchsten Steigerungen dieser Synthese im Vergleich zur Ausgangssituation bei einer Vergabe von 25 Gramm Molkeprotein oder 6,25 Gramm Molkeprotein plus fünf Gramm Gesamt-Leucin erfolgte. Die Raten betrugen 267 beziehungsweise 220 Prozent. Bisher wurde angenommen, dass zur Unterstützung eines robusten Aufbaus von Muskelmasse über den Trainingseffekt hinaus etwa 20 Gramm Molkeprotein aufgenommen werden muss.
Die vorliegenden Studienergebnisse zeigen aber, dass Leucin wohl als Auslöser dieses Prozesses fungiert. Das heißt, der Leucin-Zusatz kann auch bei einer geringeren, suboptimalen Vergabe von Molkeprotein eine ähnliche Muskel-Protein-Synthese initiieren wie das hochdosierte Molkeprotein. Für Kraftsportler bedeutet dies, dass sie die Zufuhr an Molkeprotein deutlich reduzieren können, wenn sie eine Kombination mit Leucin wählen. Die Muskelaufbau-fördernden Eigenschaften sind laut der kanadischen Untersuchung in etwa gleich (2).
Studien:
(1) Churchward-Venne, T. A., et al., “Supplementation of a suboptimal protein dose with leucine or essential amino acids: effects on myofibrillar protein synthesis at rest and following resistance exercise in men”, J Physiol. 2012 Jun 1;590(Pt 11), S. 2751 – 65.
(2) Churchward-Venne, T. A., “Leucine supplementation of a low-protein mixed macronutrient beverage enhances myofibrillar protein synthesis in young men: a double-blind, randomized trial”, Am J Clin Nutr. 2014 Feb;99(2), S. 276 – 86.