Zwishen 60% und 95% der Menschen haben einen Vitamin D-Mangel. Dies ist abhängig von Jahreszeit und Alter: Im Sommer haben junge Bevölkerungsgruppen nur etwa zur Hälfte zu wenig Vitamin D im Blut. Im Winter haben fast alle Menschen einen ausgeprägten Mangel, insbesondere aber ältere Menschen. Dabei ist etwa ab dem vierzigsten Lebensjahr Vitamin D nicht nur für das Immunsystem besonders wichtig, sondern auch für den Kalziumstoffwechsel und den Erhalt gesunder, starker Knochen. US-amerikanische Wissenschaftler haben jetzt verschiedene Dosierungen von Vitamin D3 untersucht und sich die Frage gestellt: Ist eine sehr hohe Dosierung über einen Serumgehalt von 20 ng/ml noch effektiv und verbessert den Kalziumstoffwechsel?
Dosierung von Vitamin D
Gerade in Gesundheitsfragen ist es ungemein wichtig, das richtige Maß zu finden. Klar ist: Der Satz “Viel hilft viel” ist kein guter Ratgeber und kann nachteilige Folgen haben. In Deutschland werden für ältere Menschen 20µg Vitamin D täglich empfohlen (entspricht 400% der RDA). Wer es besonders gut mit seinen Knochen meint, könnte dazu verleitet sein, diese Dosierung deutlich zu erhöhen.
Es scheint jedoch nach einer amierkanischen Untersuchung zu sein, dass hochdosiertes Vitamin D in bestimmten Fällen auf eine Wirksamkeit unterhalb des Placebo-Bereichs zurückfällt. Dies legt zumindest eine neue Studie von Wissenschaftlern der US-amerikanischen Universität von Wisconsin in Madison nahe. Sie haben die Aufnahme von Kalzium sowie die Mineraldichte von Knochen bei Vergabe von Vitamin D3 in verschiedenen Dosierungen beziehungsweise eines Placebos untersucht.
Wie wirkt Vitamin D3 auf die Knochengesundheit von postmenopausalen Frauen?
An der umfangreichen randomisierten, Placebo-kontrollierten, klinischen Doppel-Blind-Studie nahmen 230 postmenopausale Frauen teil. Das Höchstalter wurde auf 75 Jahre festgelegt, da ab diesem Alter die Darmbeständigkeit gegen Vitamin D stark zunimmt. Alle Frauen hatten zu Beginn der Untersuchung einen Serumspiegel an 25(OH)Vitamin-D3, das ist die Speicherform von Vitamin D im Organismus, von 14 bis 27 Nanogramm pro Liter. Eine Einschätzung hier ist etwas schwierig, da einige normgebende Experten wie die vom US-amerikanischen Institue of Medicine ab 20 Nanogramm pro Milliliter von einer normalen Versorgung ausgehen.
Bei weitem häufiger jedoch wird bereits bei Werten unter 30 Nanogramm pro Milliliter ein relativer Mangel und bei unter 20 sogar ein langfristiger Mangel festgestellt. Nach letzterer Definition hatten also alle Studien-Teilnehmerinnen einen mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Vitamin-D-Mangel. An Osteoporose litt allerdings keine der Frauen.
Was ist besser: gering dosiertes oder hoch dosiertes Vitamin D3?
Die Teilnehmerinnen wurden in drei Gruppen aufgeteilt. In der ersten Gruppe mit 75 Angehörigen wurde täglich ein weißes Präparat mit 800 IE oder 20 Mikrogramm Vitamin D3 (also 400% RDA, der empfohlenen Dosierung durch die DGE e.V.) sowie zweimal monatlich ein gelbes Placebo vergeben. Die 79 Frauen in der zweiten Gruppe bekamen täglich ein weißes Placebo sowie zweimal im Monat ein gelbes Vitamin-D3-Praparat mit 20.000 IE beziehungsweise 500 Mikrogramm. Diese Dosierung brachte die Teilnehmerinnen dauerhaft auf 25(OH)Vitamin-D3-Werte im Serum von gut über 30 Nanogramm pro Milliliter. Die restlichen 76 Testpersonen bildeten die dritte Gruppe. Sie nahmen täglich ein weißes und zweimonatlich ein gelbes Placebo ein. Die Einnahmephase betrug in jeder Gruppe 12 Monate.
Kaum Verbesserung der Kalzium-Aufnahme und Mineraldichte der Knochen
Im Resultat stellten die US-amerikanischen Wissenschaftler fest, dass bei einer einjährigen, hochdosierten Vitamin-D3-Einnahme die Aufnahme von Kalzium in die Knochen zwar gesteigert wurde. Dieser Einbauhelfer-Effekt war jedoch geringer, als dies angenommen wird. Lediglich um ein Prozent verbesserte sich die Kalzium-Absorption. In der Placebo-Gruppe waren es mit 1,3 Prozent schon etwas mehr. Aber auch in der Gruppe, in der die Teilnehmerinnen gering dosiertes Vitamin D3 zu sich nahmen, lösten die Ergebnisse keine Begeisterungsstürme aus.
Mit einer Steigerung der Kalzium-Aufnahme durch die Knochen um zwei Prozent lag der Wert auch hier weit unterhalb der Grenze, die dazu geeignet wäre, postmenopausale Frauen zusätzlich vor den Gefahren einer Osteoporose zu schützen. Dem entsprechend wurde auch in keiner der Gruppen eine signifikante Erhöhung der Mineraldichte der Knochen, der Muskelmasse oder Verbesserung der Muskelfunktionen festgestellt. Darüber hinaus konnten auch keine Unterschiede bei der Häufigkeit von Stürzen, Knochenbrüchen oder auch in Bezug auf eine Steigerung der körperlichen Aktivitäten durch die Studienteilnehmerinnen beobachtet werden.
Ernüchternde Studienergebnisse mit kleinen Einschränkungen und Schwächen
Natürlich wiegen diese ernüchternden Resultate schwer in der laufenden Debatte zu den Wirkungen von Vitamin D. Tatsächlich sprechen sie für die eingangs erwähnte Einschätzung durch das US-amerikanische Institue of Medicine. Danach ist ein 25(OH)Vitamin-D3 Serumspiegel von 20 Nanogramm pro Milliliter ausrechend zur Erhaltung von Muskelfunktionen, einer normalen Mineraldichte der Knochen sowie der Vermeidung von Knochenbrüchen.
Konzentrationen darüber brächten, wie auch in der vorliegenden Studie, keine nennenswerten Vorteile mehr. Die Aussagekraft ist natürlich auf postmenopausale Frauen mit einem 25(OH)Vitamin-D3 Serumspiegel zwischen 14 und 27 Nanogramm pro Milliliter und bis zu einem Alter von 75 Jahren eingeschränkt. Es wäre natürlich günstiger gewesen, zwischen Testpersonen mit einem Serumspiegel bis 20 Nanogramm und solchen darüber zu unterscheiden. Zudem nahmen an der Untersuchung wohl hauptsächlich hellhäutige Frauen teil, aber auch einige dunkelhäutige. Bei letzteren ist aufgrund der verminderten Vitamin-D3-Bildung auf der Haut generell ein geringerer Serumspiegel feststellbar. Auch hier wäre eine Aufschlüsselung der Ergebnisse sinnvoll gewesen.
Quelle: Hansen, Karen E., et al., Treatment of Vitamin D Insufficiency in Postmenopausal Women, A Randomized Clinical Trial, JAMA Intern Med. 2015;175(10): S. 1612 – 1621.