Was tun BCAA?
BCAA können auch als die Leistungs-, Energie-, Belastungs- und Erste-Hilfe-Aminosäuren bezeichnet werden. Sie sind entscheidend am Stressstoffwechsel beteiligt, bei dem im Falle beispielsweise von Verletzungen ein Programm abläuft, das die Überlebenschancen des Organismus erhöht und seine Heilung beschleunigt. Weiterhin sind sie an den Stoffwechselvorgängen beteiligt, bei denen Energie gewonnen wird. Im Proteinstoffwechsel insbesondere der Proteinbiosynthese stellen sie wichtige Bausteine dar.
Beiträge leisten BCAA darüber hinaus zur Regulierung des Immunsystems, zur Gesunderhaltung des zentralen und peripheren Nervensystems sowie zur Stärkung des Muskelgewebes.
Ihre Eigenschaften werden in der Medizin unter anderem dann als Gegenmaßnahme eingesetzt, wenn Gewebe beschädigt ist oder abgebaut wird, um Energie bereitzustellen. In der Folge werden neurologische Symptome aufgehalten beziehungsweise abgemildert. Dies hat Vorteile bei der Behandlung von Infektionskrankheiten, bei chirurgischen Eingriffen und der Versorgung von Brandverletzungen.
Auch bei bestimmten Stoffwechselstörungen wie Phenylketonurie (PKU), Gehirnfunktionsstörungen, die aus schweren Leberschäden hervorgehen (hepatitische Enzephalopathie) sowie bei manischen Depressionen und Spätdyskinesie werden BCAA erfolgreich angewendet.
Außerhalb der Behandlung von Krankheiten schätzen körperlich aktive Menschen BCAA natürlich deswegen, weil sie den Muskelaufbau und das Ausdauervermögen fördern.
BCAA sind essentielle Aminosäuren
Prinzipiell ist unser Körper dazu fähig, BCAA selber herzustellen. Nur fehlen ihm dazu bestimmte Bausteine, die auch in der Nahrung kaum vorkommen. Aus diesem Grunde ist die Eigenproduktion nicht möglich und die Aufnahme von BCAA essentiell oder lebensnotwendig. Diese Aufnahme kann großzügig erfolgen.
Über ein Drittel der essentiellen Aminosäuren, die mit der Nahrung oder Ergänzungsmittel eingenommen werden, sollten aus BCAA bestehen. Proteine aus tierischen Quellen stellen neben einigen Hülsenfrüchten die reichste natürliche Quelle für BCAA dar. Dort bilden sie im günstigsten Falle rund 20 Prozent der Aminosäuren.
Was ist das besondere an verzweigtkettigen Aminosäuren?
Der wesentliche Unterschied zwischen BCAA oder verzweigtkettigen Aminosäuren und anderen Aminosäuren besteht darin, dass sie nicht erst in der Leber aufgenommen werden, sondern direkt über den Blutkreislauf ins Muskelgewebe gelangen. Diese Aktivierung von BCAA „über den kurzen Dienstweg“ führt auch dazu, dass recht kurzzeitig nach einer Einnahme hohe Plasmakonzentrationen nachweisbar sind.
Verzweigtkettig heißt dabei, dass sie eine verzweigte Struktur haben, die es ihnen erlaubt, sich mit anderen Aminosäuren zu verbinden. Diese Struktur begünstigt gleichzeitig ihre Integration ins Muskelgewebe, auf das etwa 40 Prozent des Körpergewichtes entfällt.
Die Kontraktionsfähigkeit der Muskelfasern wird durch die sogenannten Muskelfibrillen gewährleistet. Muskelfibrillen wiederum bestehen aus Sarkomeren. Diese setzen sich aus Proteinen zusammen, die zu knapp 30 Prozent aus BCAA gebildet werden. Während BCAA einen großen Anteil des Muskelgewebes ausmachen, sind nur sehr geringe Mengen, etwa 0,01 Prozent, fei verfügbar.
Funktionen von BCAA
BCAA bauen Muskelmasse auf und verleihen Kraft
BCAA haben im Muskelstoffwechsel einen aufbauenden oder anabolen Effekt. Dieser zeigt sich besonders unmittelbar vor sowie kurz nach einer Muskelbeanspruchung. Verschiedene Studien belegen, dass bei einer richtigen Einnahme von BCAA die Muskelmasse zunimmt.
Werden BCAA direkt nach dem Workout zugeführt, wird nicht nur die Muskelmasse selber beeinflusst, sondern es bilden sich auch vermehrt Sarkomere, was die Kontraktionsfähigkeit der Muskeln und damit die Kraft steigert.
Eine besondere Stellung unter den BCAA nimmt das Leucin ein. Dieses gilt als Motor für die Proteinsynthese.
In manchen Studien wird daher vorgeschlagen, lediglich Leucin zu sich zu nehmen. Übersehen wird dabei allerdings, dass für den Muskelaufbau nicht nur die Initialzündung notwendig ist sondern auch die entsprechenden Bausteine. Diese werden durch Isoleucin und Valin geliefert. Das heißt also, dass die BCAA sich in ihrer Wirkung ergänzen.
BCAA gegen Muskelabbau bei Überbelastung
Im Ausdauersport gibt es das Phänomen, dass ein Energiebedarf, der nicht mehr über Kohlenhydrate gedeckt werden kann, dadurch bedient wird, dass Proteine unter anderem aus dem Muskelgewebe verbraucht werden. Bis zu 15 Prozent der benötigten Energie können auf diese Weise aus den körpereigenen Reserven fällig werden. Um hier einen Abbau von Muskelgewebe zu verhindern, müssen vor und nach einer Belastungsphase BCAA in Mengen zugeführt werden, die auch zusätzliche Energieanforderungen decken können.
BCAA und die Gehirnfunktionen
Die Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan werden auch als aromatische Aminosäuren bezeichnet. Sie wirken als Ausgangsstoffe für Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin beruhigend und stimmungsaufhellend. BCAA nutzen nun im Gehirn die gleichen Transportwege wie diese Aminosäuren. Das heißt, je mehr BCAA vorhanden sind, desto weniger sind die Bahnen im Gehirn für Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan verfügbar. Aufgrund der direkten Aufnahme von BCAA beeinflusst dies unmittelbar die Stimmung aber auch die Leistungsbereitschaft. Dass Phenylalanin blockiert wird, beeinflusst unter anderem den Blutdruck.
Sind zu wenig BCAA im Kreislauf vorhanden, können die aromatischen Aminosäuren die Überhand gewinnen. Dies kann zu teilweise schwerwiegenden psychologischen Auffälligkeiten führen. Hintergrund hier kann beispielsweise die bereits erwähnte hepatitische Enzephalopathie sein.
BCAA und das Immunsystem
In Bezug auf den Zusammenhang von BCAA und dem Immunsystem steht die Forschung noch am Anfang. Sicher ist, dass BCAA für das Immunsystem insbesondere die auch Killerzellen genannten Lymphozyten unverzichtbar sind.
Gegenwärtig gehen Wissenschaftler davon aus, dass die entscheidende Rolle der BCAA für das Immunsystem in der Herausbildung von Antikörpern, Zellen, die Eindringlinge oder Abweichungen vom Zellbauplan erkennen (Antigenpräsentierende Zellen) und Zytokinen besteht.
BCAA, Diabetes und Insulin
Ebenfalls noch nicht im Detail geklärt ist der Einfluss von BCAA auf das Insulin. Was bekannt ist, ist, dass verzweigtkettige Aminosäuren in die Produktion des Insulins eingreifen und dadurch selber ihre Verfügbarkeit für das Muskelgewebe fördern.
Mögliche Vorteile der Einnahme von BCAA
BCAA werden direkt ins Muskelgewebe eingebaut und verhindern dort in vielen Situationen einen Abbau, eine Schwächung oder eine Ermüdung. Mittelbar helfen BCAA Folgeerscheinungen, die mit Muskelabbau, -schwächung oder -ermüdung einhergehen, zu vermeiden.
Hier sind Entzündungen des Darmtraktes, der Atemwege, im Hals-, Nasen, Mundbereich sowie auf der Haut zu nennen. Chronische Müdigkeit aber auch eine erhöhte Anfälligkeit gegen Erkältungskrankheiten können auch Folgen eines BCAA-Mangels sein.
Körperliche Anstrengung: BCAA verhindern Muskelabbau, wenn zusätzliche Energie benötigt wird. Zudem unterbinden die verzweigtkettigen Aminosäuren einen Müdigkeit verursachenden Anstieg von Tryptophan im Gehirn. So konnte das Team um S.L. Casperson im Jahr 2012 nachweisen, dass die tägliche Gabe von 4 g Leucin eine Verbesserung der Muskelproteinsynthese bewirkt und die Phosphorylierung positiv beeinflusst. Diese Erkenntnisse ließen wichtige Rückschlüsse auf den im Alter veränderten Stoffwechsel und eine daraus folgende Ernährungsumstellung zu.
Nachsorge bei Operationen: Die rasche Neubildung von Gewebe fördert die Erholung von einer Operation. Insbesondere bei Brandwunden wurde dies durch Untersuchungen bestätigt.
Blutvergiftung: Die Verabreichung von BCAA durch Injektion oder Infusion hat bei Blutvergiftungen einen verbesserten Stickstoffhaushalt zur Folge.
Spätdyskinesie: Bei Männern, deren Organismus die aromatische Aminosäure Phenylalanin vermindert abbauen kann, kommt es zu motorischen Störungen wie Grimassen schneiden, Zuckungen oder unkontrollierten Bewegungen der Extremitäten (Spätdyskinesie). BCAA senken den Gehalt von Phenylalanin im Blut sowie seine Möglichkeiten, ins Gehirn zu gelangen. In Studien wurde bestätigt, dass dies Spätdyskinesie-Symptome signifikant vermindert.
Phenylketonurie (PKU): Abermals steht hier Phenylalanin im Mittelpunkt. PKU-Patienten können die Aminosäure von Geburt an nicht abbauen. Die Stoffwechselstörung hat Hirnschädigungen zur Folge. Da BCAA dieselben Transportwege nutzen, kann verhindert werden, dass Phenylalanin übermäßig ins Gehirn eindringt, was Schädigungen begrenzt.
Leber: Ein unterdurchschnittlicher BCAA-Spiegel kombiniert mit hohen Werten an aromatischen Aminosäuren sowie Methionin werden bei einem akuten Leberversagen beobachtet. Bei verschiedenen Lebererkrankungen werden daher BCAA per Injektion oder Infusion verabreicht.
Psychische Erkrankungen: Ein Überangebot an aromatischen Aminosäuren im Gehirn führt zu einem Ansteigen von bestimmten Neurotransmittern, was psychische Erkrankungen fördert. BCAA können dies verhindern
Müdigkeit: BCAA begrenzen den Serotonin-Gehalt im Gehirn und können so Müdigkeit entgegenwirken.
Diabetes: Im Rahmen einer Untersuchung zur Entstehung von Diabetes mellitus kamen Y. Takeshita und weitere Forscher zu dem Ergebnis, dass BCAA die Insulinproduktion anregen und damit eine wirksame Behandlungsmöglichkeit bei bereits bestehender Krankheit darstellen.
Mögliche Nebenwirkungen bzw. Nachteile von BCAA
BCAA gelten als ausgesprochen gut verträglich. Selbst eine dreifache Überdosierung der empfohlenen Tagesmenge führte in Untersuchungen zu keinen nennenswerten Störungen. Bei Dosierungen von über 500 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht geht der Dopamin-, Noradrenalin- und Serotonin-Gehalt im Gehirn bedenklich zurück. Die Konsequenzen daraus sind jedoch noch weitgehend unerforscht.
BCAA in Nahrungsmitteln
Um den Körper schon auf natürlichem Weg ausreichend mit BCAA zu versorgen, kommen verschiedene Lebensmittel in Frage. Alle genannten verzweigtkettigen Aminosäuren sind vor allem in
- Rindfleisch
- rohem Lachs
- Hühnereiern
- Weizenprodukten
enthalten. Für die Zufuhr von Isoleucin und Valin eignen sich darüber hinaus auch
- getrocknete Erbsen
- Walnusskerne
- Hühnerbrust
- Reis
Einnahme von BCAA
BCAA werden am besten etwa 30 Minuten vor der Nahrungsaufnahme zugeführt. Sehr aktive Menschen nehmen BCAA direkt vor oder unmittelbar nach besonderen Belastungen ein. Hier liegt die Tagesdosierung zwischen 3.000 und 5.000 Milligramm. In Intensivphasen oder zur Unterstützung des Muskel- beziehungsweise Gewebeaufbaus nach medizinischen Eingriffen kann diese Dosierung deutlich höher liegen. Hier jedoch ist ein Sportmediziner oder der behandelnde Arzt hinzuzuziehen.
Vor der Nachtruhe eingenommen können BCAA oft wirksamer einem Muskelanbau vorbeugen. Allerdings kann das auch den Schlaf beeinträchtigen.
Studien und Quellen: