Tryptophan gehört zu den Aminosäuren, die der Körper nicht selber bereitstellen kann. Daher wird sie als essentiell bezeichnet und muss mit der Nahrung zugeführt werden. Es ist nicht, wie die anderen Aminosäuren, als freiverkäufliches und sicheres Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, sondern in den meisten Ländenr der EU ein Arzneimittel.
L-Tryptophan ist an der Synthese von Vitamin B3 beteiligt und erfüllt damit eine wesentliche Aufgabe im Stoffwechsel von
Kohlenhydraten
Eiweißen und Aminosäuren und
Fetten.
Desweiteren ist L-Tryptophan am
Aufbau von Struktureiweißen
Aufbau von Gewebe
beteiligt.
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Täglicher Bedarf an Tryptophan
Eine genaue Definition des Tagesbedarfs gibt es nicht, da dieser individuell stark schwanken kann. Auch wenn diese Daten – sie stammen aus dem Jahre 1985 – möglicherweise etwas veraltet sein können, gibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine nötige Versorgung pro Tag mit 3,5 bis sechs Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht an.1 Wenn regelmäßig unter anderem Hülsenfrüchte, Nüsse, Hähnchenfleisch und Eier auf dem Speisezettel vorhanden sind, kann der normale Bedarf in der Regel gut gedeckt werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Lebensumstände wie
ungesunde Ernährung
Stress
Hektik
dazu führen, dass der L-Tryptophan-Bedarf nicht allein aus der Nahrung gedeckt werden kann. Daher empfiehlt sich bei manchen Menschen eine zusätzliche Zuführung der Aminosäure.
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L-Tryptophan in der Nahrung
L-Tryptophan ist nicht wasserlöslich und besitzt eine ausgesprochene Hitzeresistenz. Aus diesem Grund geht es bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln bzw. beim Kochen auch – anders als die meisten wasserlöslichen Vitamine – kaum verloren. Da es jedoch ausschließlich in gebundener Form vorliegt, wird in der Regel nur ein Bruchteil des L-Tryptophan-Gehaltes aus der Nahrung vom Körper aufgenommen.
Besonders viel Tryptophan ist in
Sojabohnen
Wal- und Cashew-Nusskernen
getrockneten Erbsen
Haferflocken
Maismehl
Hühnereiern
3,8%-iger Kuhmilch
ungesüßtem Kakaopulver
rohem Lachs- und Schweinefleisch
enthalten.
Tryptophanmangel
Ein Mangel an L-Tryptophan kann
Stimmungsschwankungen
Angststörungen
Depressionen
verursachen, da durch das Fehlen des Stoffes einige Funktionen zwischen den verschiedenen Botenstoffen des Körpers nicht erfüllt werden. Wie mehrere Studien belegen, kann die Einnahme von L-Tryptophan die Behandlung psychischer Krankheiten gezielt unterstützen. 2
Da L-Tryptophan außerdem für die Stabilisierung des Serotoninspiegels verantwortlich ist, kann ein Mangel zu
Einschlafproblemen
Schlafstörungen
führen. Gezielte Gaben tragen dazu bei, dass der Körper während der Nacht genügend Melatonin bildet und so zu einem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus findet.
Desweiteren führt das Fehlen von L-Tryptophan zur Verstärkung vorhandener Reizdarmsyndrome. Auch hier kann durch die Verabreichung der Aminosäure ein positiver therapeutischer Effekt erzielt werden. 3
Tryptophan und Serotonin
Von außen zugeführtes Serotonin scheitert an der Blut-Hirn-Schranke – Tryptophan nicht
Darüber hinaus gewinnt Tryptophan eine zunehmende Bedeutung bei der Behandlung bestimmter Krankheitsbilder sowie körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen. Das hat wesentlich damit zu tun, dass der vor allem als Hormon bekannte Neurotransmitter Serotonin aus Tryptophan gebildet wird.
In Stress-Situationen oder bei anderen Formen psychischer Anspannung liegt ein erhöhter Bedarf an Serotonin vor. Das Stückchen Schokolade aber auch eine Banane sorgen in solchen Fällen für eine vermehrte Serotonin-Ausschüttung im Gehirn. Dazu jedoch muss sein Grundbestandteil, Tryptophan, in ausreichenden Mengen vorhanden sein. Die Einnahme von Serotonin würde übrigens kaum einen stimmungsaufhellenden, anti-depressiven Effekt haben, da der Neurotransmitter die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann.
Alternative zu Psychopharmaka?
Viele Psychopharmaka gehen daher einen anderen Weg. In ihnen ist ein sogenannter selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) enthalten. Dieser verhindert, dass das Serotonin von dort, wo es seine Wirkung entfaltet, also im synaptischen Spalt, abwandern kann. Die Einnahme von SSRI ist jedoch mit einer ganzen Reihe von gravierenden Nebenwirkungen verbunden, die von ersthaften und sogar blutenden Störungen im Magen-Darm-Trakt bis zu sexueller Dysfunktion reichen. Eine andere Möglichkeit, dem Gehirn einen Serotonin-Schub zu geben, ist, durch die Einnahme von Tryptophan für genügend “Baumaterial” zu sorgen.
Gemeinsam mit Vitamin B6 und Magnesium
Dass die Erhöhung von Serotonin-Niveaus durch eine Tryptophan-Zufuhr wirksam ist, konnte in zahlreichen Studien belegt werden.45 Unterstützend zeigen sich in diesem Zusammenhang das Vitamin B6 sowie Magnesium.6 Dies liegt wohl daran, dass zur Umwandlung von Tryptophan zu Serotonin das Enzym Tryptophan-Hydroxylase benötigt wird, welches auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B6 und Magnesium angewiesen ist.7 Einige Präparate tragen dem Rechnung, indem sie Tryptophan in dieser Kombination mit Vitamin B6 und Magnesium anbieten.
Wirkungen und Anwendungen von Tryptophan
Depressionen
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass Tryptophan bereits kurz nach seiner Einnahme stimmungsaufhellend wirkt und depressive Symptome lindern kann. In einer niederländischen Untersuchung an der Universität von Maastricht konnte dieser Effekt bereits 60 Minuten nach der Einnahme belegt werden.8 Eine Studie der altehrwürdigen englischen Oxford Universität konnte eine signifikante Wirkung jedoch nur bei weiblichen Probanden feststellen.9 An der National University of Singapur wurde zudem herausgefunden, dass Tryptophan die Wirkung von SSRI verstärken kann.10
Schlafstörungen
Die Arzneimittelwirkung von Tryptophan ist in Deutschland sowie in vielen anderen Ländern anerkannt und zugelassen. Über das Serotonin ist Tryptophan nämlich auch Ausgangsstoff für ein weiteres Hormon, das unverzichtbar ist für den Tag-Nacht-Rhythmus: Melatonin. Nach einer kanadischen Untersuchung der McGill Universität ist Tryptophan insbesondere bei Patienten wirksam, denen ihre Impulsivität die Nachtruhe raubt.11 Ebenso können Jetlag-Symptome, die beim Reisen in unterschiedlichen Zeitzonen entstehen, durch Tryptophan behandelt werden.
Stressbelastung
Es ist noch nicht endgültig geklärt, wie Stress einen relativen Serotoninmangel bewirkt. Aktuell sind deutsche Wissenschaftler der Ernst Moritz Arndt Universität in Greifswald der Ansicht, dass häufiger Stress die Enzyme Tryptophan-2,3-Dioxygenase (TDO) und Indolamin-2,3-Dihydrooxygenase (IDO) aktiviert. Dabei handelt es sich um die Enzyme, die Tryptophan am massivsten abbauen. In der Folge wird die Bildung von Serotonin gehemmt, was zu den gefürchteten Stress-Symptomen führt und Depressionen begünstigen kann.12 Eine Supplementierung von Tryptophan kann diesen Verlust ausgleichen, wenn die Einnahme regelmäßig und auf nüchternen Magen stattfindet.
Abnehmen
Serotonin wirkt nicht nur stimmungsaufhellend. Es ist darüber hinaus auch ein Appetitzügler. Tryptophan kann daher unterstützend bei einer Diät eingesetzt werden. Bekannt ist auch, dass ein Tryptophan-Mangel Heißhungerattacken auslösen kann. Aussagekräftige Studien zu diesem Thema fehlen allerdings noch.
Reizdarmsyndrom
Verschiedene Studien belegen auch, dass die Vergabe von Tryptophan Symptome des Reizdarmsyndroms lindern kann.13 Aber auch hier sind noch weitere Untersuchungen nötig, bis eine gesicherte Wirkung festgestellt werden kann.
Tryptophan kann helfen die Blutfettwerte zu senken
Eine Studie aus dem Jahr 2010 belegt, dass L-Tryptophan-Präparate den Triglyceridspiegel beeinflussen und damit die Bildung einer so genannten Fettleber bzw. die damit verbundenen Beschwerden eindämmen helfen. Bei täglichen Gaben zeigten die Probanden spür- und messbare Verbesserungen. 14
Auch Personen, die ihr Gewicht reduzieren müssen oder ihre Leistungsfähigkeit steigern wollen, finden in L-Tryptophan ein geeignetes Mittel. Daher kommt es im Rahmen spezieller Ernährungsprogramme bei Adipösen oder Sportlern zum Einsatz.
Ãœberdosierung von L-Tryptophan
Selbst bei regelmäßigen und langfristigen Gaben übt L-Tryptophan keine toxische Wirkung auf den Körper aus; eine Überdosierung mit unerwünschten oder gar schädlichen Nebenwirkungen ist daher ausgeschlossen.
Trotzdem ist diese essenzielle Aminosäure in Deutschland nicht als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen, sondern lediglich als Arzneimittel klassifiziert erhältlich. Die Rechtslage bezüglich diätetischer Lebensmittel, die den Nahrungsergänzungsmitteln ähnlich sind (und insbesondere keine Arzneimittel sind), ist unklar.
In bestimmten Fällen ist Tryptophan nicht empfehlenswert
Bei einigen Krankheitsbildern sollte Tryptophan jedoch nicht eingenommen werden. Dazu zählen die Autoimmunerkrankung Schmetterlingsflechte sowie asthmatische Erkrankungen. In beiden Fällen kann es zu einer Verstärkung der Symptome kommen. Auch sollte Tryptophan nicht bei gleichzeitiger Einnahme von Monoaminooxidase-Hemmern zugeführt werden. Schwangerschaft und Stillzeit sind weitere Indikationen, in denen auf Tryptophan verzichtet werden sollte. Nebenwirkungen von Tryptophan sind allerdings bisher unbekannt.
Einnahmeempfehlung und Dosierung
Tryptophan kann nur nüchtern die Blut-Hirn-Schranke passieren. Die Einnahme von Tryptophan, gewöhnlich liegt die Tagesdosis bei 250 bis 1.500 Milligramm, sollte auf nüchternem Magen erfolgen. Während oder bis etwa zwei Stunden nach den Mahlzeiten kann die Aminosäure nämlich nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden und bleibt wirkungslos. Auch sollte etwa eine halbe bis eine Stunde nach der Zufuhr keine Nahrungsaufnahme erfolgen.
Quellen und Studien:
Young, V. R., et al., “Human amino acid requirements: A re-evaluation”, in: The United Nations University Press – Food and Nutrition Bulletin 17(3), Sept 1996. ↩
z.B. J.P. Roiser, J. Levy, S.J. Fromm, A.C. Nugent, S.L. Talagala, G. Hasler, F.A. Henn, B.J. Sahakian, W.C. Drevets: “The effects of tryptophan depletion on neural responses to emotional words in remitted depression” Biological Psychiatry, September 2009 ↩
beschrieben von P. Fitzgerald u.a.: “Tryptophan catabolism in females with irritable bowel syndrome: relationship to interferon-gamma, severity of symptoms and psychiatric co-morbidity” Neurogastroenterology and Motility, September 2008 ↩
Birdsall, T. C., “5-Hydroxytryptophan: a clinically-effective serotonin precursor”, Altern Med Rev. 1998 Aug; 3(4), S. 271 – 80. ↩
Garlow, S., et al., “The neurochemistry of mood disorders: clinical studies”, in: Charney, D, et al., “The Neurobiological Foundation of Mental Illness”, New York: Oxford University Press, 1999. ↩
Hvas, A.M,, et al., “Vitamin B6 level is associated with symptoms of depression”, Psychother Psychosom. 2004 Nov-Dec;73(6), S. 340 – 43. ↩
Durlach, J., et al., “A Biorhythms and possible central regulation of magnesium status, phototherapy, darkness therapy and chronopathological forms of magnesium depletion”, Magnes Res. 2002 Mar;15(1-2), S. 49 – 66. ↩
Markus, C. R., et al., “Effect of different tryptophan sources on amino acid availability to the brain and mood in healty volunteers”, Psychopharmcol 2008;201, S. 107 – 114. ↩
Murphy, S. E., et al., “Tryptophan supplementation induces a positive bias in the processing of emotional material in healthy female volunteers”, Psychopharmacology (Berl). 2006 Jul;187(1), S. 121 – 30. ↩
Lowe, S. L., et al., “L-5-Hydroxytryptophan augments the neuroendocrine response to a SSRI”, Psychoneuroendocrinology. 2006 May;31(4), S. 473 – 84. ↩
aan het Rot, M., et al., “Social behaviour and mood in everyday life: the effects of tryptophan in quarrelsome individuals”, J Psychiatry Neurosci. 2006 Jul;31(4), S. 253 – 62. ↩
Kiank, C., et al., “Psychological stress-induced, IDO1-dependent tryptophan catabolism: implications on immunosuppression in mice and humans”, PLoS One. 2010 Jul 28;5(7):e11825. ↩
Fitzgerald, P., et al., “Tryptophan catabolism in females with irritable bowel syndrome: relationship to interferon-gamma, severity of symptoms and psychiatric co-morbidity”, Neurogastroenterology and Motility, Dec 2008, S. 1291 – 97. ↩
H. Cichoz-Lach H. u.a.: “The effects of L-Tryptophan and Melatonin on selected biochemical parameters in patients with Steatohepatits”, Journal of Physiology and Pharmacology, Oktober 2010 ↩