Forschung und Wirkungen von Quercetin
Quercetin ist bereits seit spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es sogar gemeinsam mit anderen Flavonoiden als Vitamin P gehandelt. Eine Bezeichnung, die gelegentlich immer noch auftaucht, obwohl sie unzutreffend ist. Trotz der langen Bekanntheit gibt es aktuell dennoch nur wenige Studien, in denen seine Wirkung am Menschen dargestellt wird. Im Wesentlichen sind wir hier immer noch auf Laboruntersuchungen beziehungsweise Studien am Tiermodell angewiesen. Allerdings besteht Anlass zur Hoffnung, dass sich dies in Kürze ändern wird, da Quercetin aktuell ein erhöhtes Interesse unter Forschern erregt.
Quercetin kann Allergie-Symptome abmildern
Eine große Stärke zeigt Quercetin im Zusammenhang mit Allergien. So stellt eine japanische Studie fest, dass Quercetin zu den Flavonoiden gehört, für die eine antiallergische Aktivität charakteristisch ist, und beschäftigt sich mit einigen Wirkmechanismen dahinter. Dabei fanden sie heraus, dass Quercetin den sogenannten Histamin-H1-Rezeptor (H1R) hemmt. Bei Patienten mit allergischer Rhinitis liegen erhöhte H1R-Niveaus vor. Proportional zur Aktivität dieses Rezeptors nimmt dabei auch die Schwere von Allergie-Symptomen zu. Es liegt also nahe, dass eine Hemmung von H1R mit einer Linderung allergischer Symptome einhergeht (1).
Entzündungshemmende Eigenschaften
Eine Studie aus Italien von Wissenschaftlern der Universität von Neapel hat festgestellt, dass Quercetin in der Lage ist, Konzentrationen des Gewebshormons Prostaglandin E2 und des Fettsäurederivates Leukotrien B4 zu senken. Bei beiden handelt es sich um Stoffe, die Entzündungsprozesse einleiten und Schwellungen, Rötungen sowie Schmerzen verstärken. Außerdem sind sie wesentlich an der Ausschüttung von Entzündungsmediatoren wie Histamin beteiligt. Diese entzündungslindernde Wirkung von Quercetin kann gleichzeitig im Zusammenhang mit seinen antiallergen Effekten gesehen werden, da unter anderem Histamin auch hier beteiligt ist (2).
Blutdrucksenkende Wirkung
Entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften sind natürlich immer auch Hinweise darauf, das eine zumindest vorbeugende Wirkung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegt. Außer zu sehr wenigen Flavonoiden wie OPC und Resveratrol liegen derzeit leider kaum Untersuchungen vor, die sich gezielt auf einzelne Polyphenole konzentrieren. Das gilt auch für Quercetin. Dennoch konnte eine US-amerikanische Übersichtsarbeit herausstellen, dass seit den 1990er Jahren in verschiedenen Studien blutdrucksenkende Effekte von Quercetin beobachtet werden. Neben antioxidativen Eigenschaften stehen wohl die Hemmung bestimmter Enzyme sowie die Erweiterung der Gefäße bei verbesserter Geschmeidigkeit dahinter.
In der Regel stammen diese Erkenntnisse jedoch aus Tierstudien, sodass auch hier ein erhöhter Forschungsbedarf besteht (3). Allerdings sind ähnliche Ergebnisse auch von den verwandten OPC (oligomere Procyanidine z.B. aus Traubenkernextrakt oder Pinienrindenextrakt) bekannt.
Verringert oder verhindert organschädigende Diabetes-Komplikation
Schäden an Nieren, Nerven und Augen (Katarakt oder Grauer Star) sind typische Begleiterscheinungen beziehungsweise Komplikationen bei einem Diabetes. Grund dafür sind Sorbit-Ablagerungen. Sorbit wiederum entsteht durch Aldosereduktase-Enzyme in einem Umwandlungsprozess aus Glukose. Eine Studie von Forschern der Kakatiya University in Indien bezeichnet Quercetin neben Kaempferol, einem Gingko-, Grapefruit- und Trauben-Flavonoid, und Ellagsäure, dem typischen Polyphenol von Erdbeeren, Granatäpfeln und Himbeeren, als vielversprechendsten Hemmstoff gegen Aldosereduktase-Enzyme (4).
Speziell zum Grauen Star fanden slowakische Wissenschaftler heraus, dass Quercetin diesem Augenleiden nicht nur durch seine Aldosereduktase hemmende Wirkung gegenübertritt. Zu den weiteren Mechanismen von Quercetin gegen den Grauen Star gehören unter anderem auch die Verminderung von oxidativem Stress, von alterungsbeschleunigenden Protein-Reaktionen ohne Enzym-Einfluss und die Hemmung von Calpain-Protease-Enzymen in den Linsen. Daher kann Quercetin auch gegen altersbedingte Katarakte ohne Diabetes-Hintergrund wirksam sein (5).
Quercetin kann die Heilung verschiedener gutartiger Geschwüre beschleunigen
Möglicherweise in Zusammenhang mit der hemmenden Wirkung von Quercetin auf die Lipidperoxidation stehen Effekte gegen Geschwüre in verschiedenen Körperregionen. So haben Wissenschaftler der ägyptischen Minia University 40 männliche Patienten ausgewählt, bei denen keine generellen Probleme der Mundschleimhaut wohl aber lokal sehr begrenzte Mundfäule-Geschwüre vorlagen. Die betroffenen Stellen wurden entweder mit einer Quercetin-Creme oder einem medizinischen Mundwasser behandelt.
Dabei stellten die Forscher fest, dass mit der Quercetin-Creme eine vollständige Heilung in 90 Prozent der Fälle bereits nach vier bis sieben Tagen erfolgte. In der Mundwasser-Gruppe klagten viele Teilnehmer auch noch nach zehn Tagen, als der Erfolg mit Quercetin bei 100 Prozent lag, über Beschwerden (6). Andere Studien deckten Effekte gegen alkoholbedingte Magengeschwüre sowie entzündliche Darmgeschwüre (Colitis ulcerosa) auf (7).
Mögliche Effekte gegen Krebs und Prostatabeschwerden
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass sich Quercetin günstig gegen bestimmte Krebszellen sowie chronische Prostatabeschwerden auswirken kann (8, 9). In allen diesen Bereichen befindet sich in die Forschungssituation aber noch in den Kinderschuhen, sodass weitere, aussagekräftige Studien abgewartet werden müssen.