Zitronenmelisse – Vielseitiges Küchenkraut, das gegen Stress-Symptome und Herpes wirkt
Sahne, Weißwein, Kapern, Kalbsfond und natürlich Zitronenmelisse: Das sind auch schon die Hauptzutaten für eine feine Sauce, die hervorragend zu einem Kalbsschnitzel naturell, einem Scaloppine passen. Der Name verrät auch schon die Herkunft des Küchenkrautes Zitronenmelisse, dass im Jahre 1988 zur Arzneipflanze des Jahres gekürt wurde. In Bella Italia ist es weit verbreitet, stammt wohl aber ursprünglich aus etwas östlicheren Regionen des Mittelmeerraums.
Zitronenmelisse ist reich an Polyphenolen
Die Wirksamkeit der Zitronenmelisse wird hauptsächlich auf zwei Gruppen ihrer Bestandteile zurückgeführt. Das sind zum einen die sekundären Pflanzenstoffe, die als Polyphenole oder aromatische Verbindungen bezeichnet werden. Dazu gehören auch Flavonoide oder Pflanzenfarbstoffe wie Apigenin, Kaempferol, Luteolin sowie Quercitin. Tannine oder Gerbstoffe gelten als bittere Polyphenole, ebenso wie die gleichfalls gerbende Rosmarinsäure.
Diese ist auch verantwortlich für zahlreiche entzündungshemmenden sowie antimikrobiellen und –viralen Eigenschaften der Zitronenmelisse. Neben weiteren Polyphenolen ist in der Zitronenmelisse auch die von Olivenblättern her bekannte, stark antioxidativ wirkende Oleanolsäure enthalten.
Wirkungen von Melissa officinalis
Seit vielen Jahrhunderten als Jungbrunnen und Mittel gegen Glatzen bekannt
Ein berühmtes, im Markennamen Klosterfrauen zugeschriebenes Produkt weist bereits darauf hin, dass der Zitronenmelisse oder Melissa officinalis heilkräftige Wirkungen zugeschrieben werden. Im erwähnten Produkt, das als Destillat, alkoholisches Extrakt oder Geist angeboten wird, dürften diese aufgrund des hohen Alkoholgehaltes jedoch innerlich angewendet mit Vorsicht zu genießen sein.
Nichtsdestotrotz ist die zitronig duftende Melisse seit Jahrhunderten Gegenstand medizinischer Betrachtungen unter anderem durch Paracelsius, der unter dem Namen “Primum Ens Melissae” ein frühes Anti-Aging-Mittel aus dem Kraut entwickelte. Die Rezeptur für das Elixier wird bis heute weitergereicht und verspricht jugendverlängernde Eigenschaften. Dazu gehören nach tradierter Ãœberlieferung auch aufheiternde sowie gedächtnisstärkende Effekte und nicht zuletzt auch ein Schutz gegen androgenetischen Haarausfall, der vornehmlich bei Männern zur Bildung eine Glatze führt.
Ätherische Öle wohl gegen Herpes wirksam – so Studien
Die zweite Gruppe der aktiven Inhaltsstoffe besteht aus ätherischen Ölen. Citronellal sorgt hier für den Zitronengeruch sowie –geschmack und ist neben Citral, Linalool sowie dem Zwischenprodukt Geraniol Hauptbestandteil des Öls. Eine Studie der Universität Heidelberg hat hier herausgefunden, dass auch die ätherischen Öle der Zitronenmelisse antivirale Eigenschaften haben.
In einem Einsatz als alkoholisches Extrakt gegen Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 (HSV-1) wurde die Infektion von vorbehandelten Zellen zu stattlichen 80 Prozent vermindert (1). Dies konnte auch durch zwei weitere Studien mit jeweils 115 beziehungsweise 116 Teilnehmern bestätigt werden. Hier wurden die Herpes-simplex-Viren mit einer äußerlich aufgetragenen Creme mit Trocken-Extrakten der Zitronenmelisse behandelt, was die Infektionen signifikant zurückgehen ließ, wobei eine frühzeitige Verwendung am effektivsten war (2).
Bringt die Konzentrationsfähigkeit bei Prüfungen und Arbeitsstress auf Vordermann
Recht gut dokumentiert sind auch die beruhigenden, konzentrationsfördernden Eigenschaften der Zitronenmelisse. Besondere Verdienste kommen hier den Forschern der Northumbria Universität in Newcastle upon Tyne, Vereinigtes Königreich, zu. In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppel-Blind-Studie im Crossover-Design wurde dort jungen Probanden in Sieben-Tages-Intervallen eine einmalige Dosis von 300, 600 oder 900 Milligramm Zitronenmelisse beziehungsweise ein Placebo verabreicht.
Darauf folgend wurden in verschiedenen Zeitabständen Tests durchgeführt. Die Studie konnte aufzeigen, dass ab einer Dosierung von 600 Milligramm Zitronenmelisse Arbeitsgenauigkeit und Aufmerksamkeit anstiegen. Eine Beruhigung trat bereits bei der geringsten Dosierung ein, während ein verstärktes Wachgefühl erst bei der höchsten Vergabe wahrgenommen wurde (3).
Gute Laune trotz hoher Anspannung
Eine Folgestudie des gleichen Forscherteams mit demselben Aufbau, allerdings der zweimaligen Vergabe von einem Placebo beziehungsweise 300 oder 600 Milligramm Zitronenmelisse innerhalb von sieben Tagen ergab folgendes: Die 600 Milligramm Dosis senkte negative Stimmungen infolge eines anschließend durchgeführten Stresstestes deutlich und die Teilnehmer nahmen an sich selber eine erhöhte innere Ruhe gepaart mit einer leicht geringeren Wachheit war.
Dies hat jedoch ihre Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil lösten sie mathematische Aufgaben schon bei der 300 Milligramm Dosierung schneller und genauer als mit dem Placebo (4).
In Verbindung mit Baldrian kann Zitronenmelisse stressbedingte Angstzustände lindern – Doch Vorsicht, die Dosis macht’s!
Um herauszufinden, welche Wirkung Zitronenmelisse auf Stress-induzierte Angstzustände hat, wurden 24 Probanden Einzelverabreichungen mit unterschiedlichen Dosierungen gegeben. Diesmal wurde ein Zitronenmelissen-Präparat in Kombination mit Baldrian gewählt. Jeweils 600, 1.200 oder 1.800 Milligramm wurden neben einem Placebo im Abstand von je einer siebentägigen Auswaschperiode eingenommen. Ein, drei und sechs Stunden nach jeder Vergabe wurde ein 20-minütiger Stresstest durchgeführt.
Aber 600 Milligramm stellten die Wissenschaftler dabei eine Abnahme von Stress-induzierten Angstgefühlen fest. Zu beachten hier ist jedoch, dass bei der höchsten Dosis von 1.800 Milligramm die Angstsymptome im Vergleich zur Placebo-Einnahme deutlich anstiegen. Zuviel kann also den gegenteiligen Effekt haben (5).
Zitronenmelisse selber ist unbedenklich
Auch daher ist selbstverständlich angeraten, Zitronenmelisse-Produkte nicht zu überdosieren. Wechselwirkungen, Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen sind nicht bekannt. Häufig angebotene alkoholische Extrakte sollten freilich weder während der Schwangerschaft noch während der Stillzeit genommen und auch von Kindern ferngehalten werden. Darüber hinaus ist hier ein vorsichtiger Umgang empfehlenswert und, falls eine Alkoholerkrankung oder andere Indikationen vorliegen, ein unbedingter Verzicht.
Quellen:
(1) Reichling, J., et al., “Antivirale Phyto-Wirkstoffe zur topischen Behandlung von banalen, rezidivierenden Lippenherpes-Episoden”, Z Phytother 2011; 32(6), S. 260 – 265.
(2) Wölbling, R. H., “Local therapy of herpes simplex with dried extract from Melissa officinalis”, Phytomedicine. 1994 Jun;1(1), S. 25-31.
(3) Kennedy, D. O., et al., “Modulation of mood and cognitive performance following acute administration of Melissa officinalis (lemon balm)”, Pharmacol Biochem Behav. 2002 Jul;72(4), S. 953-64.
(4) Kennedy, D. O., et al., “Attenuation of laboratory-induced stress in humans after acute administration of Melissa officinalis (Lemon Balm)”, Psychosom Med. 2004 Jul-Aug;66(4), S. 607 – 13.
(5) Kennedy, D. O., “Anxiolytic effects of a combination of Melissa officinalis and Valeriana officinalis during laboratory induced stress”, Phytother Res. 2006 Feb;20(2), S. 96 – 102.