Stoffe die Schlaf und Stimmung beeinflussen
Melatonin reguliert die innere Uhr
Ganz wesentlich an einem gesunden Schlaf beteiligt ist das Peptidhormon Melatonin. Aber vorsicht: Melatonin ist kein Schlafmittel. Das Hormon, das in der Zirbeldrüse aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan (siehe unten) entsteht, reguliert vielmehr die innere Uhr des Menschen, den Tag-Nacht-Rhythmus oder das zirkadiane System. Bei den Meisten leitet dieser Rhythmus zwischen 22 und 23 Uhr die Schlafphase ein und beendet sie ab sechs oder sieben Uhr.
Die Uhrzeiten sind hier übrigens nur zur Orientierung genannt, da das Einsetzen oder Nicht-Einsetzen der Melatoninausschüttung mit den äußeren Gegebenheiten des 24-Stunden-Tages synchronisiert wird. Durch eine dunkle Umgebung wird sie stimuliert und durch Tageslicht unterbunden. Eine Reise in eine andere Zeitzone führt auch daher zu einer Störung des Tag-Nacht-Rhythmus, dem sogenannten Jetlag. Das gleiche gilt bei Menschen, die zu unterschiedlichen Tageszeiten arbeiten. Sie entwickeln häufig ein Schichtarbeitersyndrom.
Selbst die Zeitumstellung von Normal- auf Sommerzeit und umgekehrt hat messbare Störungen zur Folge. Außerdem wirkt sich der ständige Aufenthalt in geschlossenen Räumen ungünstig aus.
Einnahme von Melatonin
Die Einnahme von Melatonin kann nun bei bei Tag-Nacht-Rhythmus-Störungen zu einer Normalisierung der Schlafphase führen und insbesondere bei Spättypen eine Vorverlegung der Einschlafzeit bewirken. Dazu muss es allerdings zu gleichbleibenden Zeiten je nach Indikation meist am frühen oder späten Abend eingenommen werden.
Bei typischen “Nachtmenschen” sollte die Einnahme in der Regel früher angesetzt werden, etwa gegen 19 Uhr statt. Beispielsweise bei Jetlag-Problemen kommt ein späterer Zeitpunkt etwa um 22 Uhr und eine halbe Stunde vor der Nachtruhe in Frage. Die festgelegten Zeiten sollten so genau wie möglich eingehalten werden. Auf keinen Fall darf Melatonin zu einer anderen Tageszeit als vorgeschrieben – beispielsweise vor dem Schlaf am Tage nach einer Nachtschicht – eingenommen werden. Auch darf eine vergessene Einnahme nicht nachgeholt werden.
Beachtet werden muss zudem, dass Melatonin seine Wirkung über einen gewissen Zeitraum hinweg entwickelt sowie auch beim Aussetzen der Einnahme über einen längeren Zeitraum von teilweise mehreren Wochen aufrechterhalten kann.
Melatonin-Wirkung gegen Jetlag belegt
Im Falle des Jetlags ist die beschriebene Wirkung von Melatonin-Präparaten bereits spätestens seit Mitte der 1980er Jahre nachgewiesen. So nahmen für eine Doppelblindstudie, die von Wissenschaftlern der britischen University of Surrey durchgeführt wurde, 17 Testpersonen täglich entweder fünf Milligramm Melatonin oder ein Placebo ein. Sie begannen damit drei Tage vor einer Flugreise, die sie von der US-amerikanischen Westküste nach Großbritannien führte, und hielten die Zufuhr am Zielort für vier weitere Tage aufrecht. In der Placebo-Gruppe kam es dabei unter 75 Prozent der Teilnehmer zu deutlichen bis starken Jetlag-Störungen. Mit Melatonin hingegen lagen die Symptome an der Grenze oder unterhalb der Wahrnehmungsschwelle (1).
Hilfe durch Melatonin für Spättypen
Auch im Falle einer verspäteten Einschlafphase konnte sich Melatonin schon vor Jahrzehnten bewähren. In einer 1991 veröffentlichten Untersuchung von Forschern der University of London, Vereinigtes Königreich, erreichte wiederum eine Tagesdosis von fünf Milligramm Melatonin verabreicht über vier Wochen, eine Verkürzung der Einschlafzeit um durchschnittlich 82 Minuten. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass Melatonin in der Lage ist, die Phasen des Schlaf-Wach-Zyklus vorzuverlegen (2).
Melatonin wirkt gegen altersbedingte Schlafstörungen
Darüber hinaus zeigt die Vergabe von Melatonin auch bei älteren Menschen, die häufig aufgrund sich verringernder Melatoninausschüttungen unter Schlafstörungen leiden, Erfolge. In einer israelischen Studie mit Teilnehmern im Durchschnittsalter von 76 Jahren konnte durch eine dreiwöchige kontrollierte Freisetzung von täglich zwei Milligramm Melatonin eine signifikante Verbesserung der Schlafqualität erreicht werden. Dies gilt im Vergleich zur Ausgangssituation sowie zu den Ergebnissen aus einer Placebogruppe (3).
Tryptophan – Aminosäure, die zu Serotonin und Melatonin wird
Wie bereits erwähnt, entsteht Melatonin aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan. Konkret wird dazu unter Enzym-Einfluss Tryptophan zunächst in 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) umgewandelt. Daraus wird durch Abspaltung eines Kohlenstoffdioxid-Moleküls das Glückshormon Serotonin. In der Biosynthese von Serotonin wiederum findet ebenfalls ein zweistufiger Prozess statt, an dessen Ende Melatonin steht.
Es liegt nun nahe, anzunehmen, dass die Einnahme von Tryptophan aus Lebensmitteln oder Ergänzungen zu einem verbesserten Melatonin-Haushalt führt und gegen Schlafstörungen oder zur Normalisierung des Tag-Nacht-Rhythmus eingesetzt werden kann. Tatsächlich bestätigen zahlreiche Studien diesen Zusammenhang. Schon die Aufnahme von 250 Milligramm Tryptophan kann die Schlafbereitschaft erhöhen (4).
Dabei kann eine Übersichtsarbeit aus dem Jahre 1982 bereits auf rund 40 kontrollierte Studien aus 20 Jahren zurückblicken. Der Befund daraus lautet, dass Tryptophan die Schläfrigkeit und die Schlafqualität fördert, die Einschlafzeit verkürzt und die Gesamt-Schlafdauer verlängert (5). Die schlaffördernde Wirkung von Tryptophan ist also ebenfalls schon seit langem belegt.
L-Glutamin stärkt das psychische Gleichgewicht
Eine weitere Aminosäure, die sich günstig auf den Schlaf auswirken kann, ist L-Glutamin. L-Glutamin ist für den menschlichen Organismus zwar nicht essentiell. Das heißt unter normalen Bedingungen produziert er genug zur Bedarfsdeckung. Viele Experten weisen aber darauf hin, dass eine zusätzliche gezielte Versorgung mit L-Glutamin sich unter anderem günstig auf Ausgeglichenheit und den Schlaf auswirken kann.
L-Glutamin ist für die Gesundheit und Aktivität der Zellen sehr wichtig sowie an der Bildung vieler Botenstoffe und Hormone beteiligt. Ein Mangel kann zu einem Abfall an geistiger Leistungsfähigkeit, getrübter Stimmung, innerer Unruhe sowie Schlafstörungen führen. Bei einer optimierten Versorgung hingegen sind gegenteilige Effekte belegt (6).
GABA – Neurotransmitter mit entschleunigender Wirkung
Ein Stoff, der aktuell immer häufiger auch im Zusammenhang mit Schlafstörungen genannt wird, ist gamma-Aminobuttersäure, kurz GABA. Dabei handelt es sich um eine nicht-proteinogene Aminosäure, aus der also keine Proteine gebildet werden.
GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im zentralen Nervensystem und sorgt dafür, dass das Feuerwerk an Reizübertragungen, dass unter Nervenzellen sowie zwischen Nerven- und Muskelzellen tobt, heruntergeregelt wird. Dabei entsteht eine entspannende, beruhigende Wirkung, die auch einem besseren Einschlafen sowie einer höheren Schlafqualität zugute kommt.
Gute Bioverfügbarkeit von GABA
An einer aktuellen japanischen Studie nahmen zehn Personen teil, deren Untersuchungsergebnisse für das Vorliegen einer Schlafstörung sprachen. Sie bekamen eine Woche lang ein Präparat mit 112 Milligramm GABA. In der zweiten Woche setzten sie die Einnahme aus und führten sie in der dritten fort. Blutuntersuchungen zeigten, dass GABA sehr schnell, innerhalb von 30 Minuten vom Organismus aufgenommen wurde.
Dem subjektiven Eindruck nach führte die Einnahme zu einem erfrischenden Effekt und steigerte die Aufmerksamkeit. Im Schlaflabor schließlich wurde eine verkürzte Einschlaf-Periode sowie eine Verlängerung der Tiefschlafphasen nachgewiesen (7).
So wichtig ist Magnesium für den Schlaf
Ein weiterer Mitspieler bei der Reizübertragung von Nerven- zu Muskelzellen ist der Mineralstoff Magnesium. Hier wurde festgestellt, dass krankhafte Schlafstörungen, also Insomnie-Erkrankungen, häufig mit einem Magnesiummangel einhergehen.
In einer klinischen, randomisierten und doppelblinden Studie wurde 46 älteren Insomnie-Patienten entweder täglich 500 Milligramm Magnesium oder ein Placebo für acht Wochen verabreicht. Bei allen Personen wurde die Schwere der Insomnie festgestellt sowie am Anfang und am Ende des Einnahmezeitraums ein Ernährungs-, Bewegungs– sowie Schlafprotokoll erstellt und Blutproben entnommen. Während in der Ausgangsuntersuchung keinerlei Unterschiede zwischen den Teilnehmern der Magnesium- und der Placebogruppe festgestellt werden konnten, führte die Einnahme von Magnesium nach 2 Monaten zu einer signifikanten Erhöhung der Schlafzeit, einer verkürzten Einschlafzeit, einer verbesserten Schlafqualität und einer höheren Konzentration von Melatonin. Die Einstufung des Insomnie-Grades konnte in vielen Fällen heruntergesetzt werden (8).
Astaxanthin
Astaxanthin ist ein Carotionoid und damit Vorstufe von Vitamin A. In einer neueren Studie aus 2016 konnte nachgewiesen werden, dass durch die Einnahme von Astaxanthin die Konzentration und die Stimmungslage verbessert werden. Gleichzeitig nahmen die Stresshormone im Körper ab und die Alltagsermüdung konnte reduziert werden.
Mittel aus der Volksapotheke: Baldrian und Hopfen
Für viele weitere pflanzliche Mittel gegen Schlafstörungen gilt, dass ihre Wirkung traditionell zwar belegt, aber durch randomisierte, kontrollierte Studien noch zu wenig belegt sind. Im Falle von Baldrian könnte sich dies aber in Kürze ändern. Nicht nur, weil hier inzwischen der konkrete Inhaltsstoff, der schläfrig macht, identifiziert ist (9), sondern auch, weil seit Jahrzehnten immer mehr Studien eine schlaffördernde Wirkung des alten Hausmittels nachweisen (u. a. 10, 11).
Interessant auch ist, wie eine Wiener Studie herausgefunden hat, dass Baldrian-Hopfen-Präparate wohl mit der Wirkung so mancher pharmazeutischer Schlafmittel mithalten können, allerdings ohne Nebenwirkungen und Suchtgefahr (12).
Die 10-3-2-1-0-Formel
Eine Verbesserung des Schlafs lässt sich aber auch ganz ohne Wirkstoffe erreichen. Hier macht die sogenannte 10-3-2-1-0-Formel aktuell von sich reden. Dahinter steckt die Empfehlung,
- zehn Stunden vor der Nachtruhe auf Koffein sowie
- drei Stunden vor dem Zubettgehen auf Nahrung und Alkohol zu verzichten. Außerdem sollten in den
- zwei Stunden vor der Schlafenszeit keine anstrengenden Arbeiten mehr ausgeführt und
- eine Stunde davor auch Computer, Fernsehen und Smartphone ausgeschaltet werden. Am nächsten Morgen schließlich gilt es, die Taste zur Wiederholung des Wecksignals nach einigen Minuten
- Null-mal zu betätigen, und stattdessen sofort aufzustehen und den Kreislauf in Schwung zu bringen.