Vitamin B1 ist auch unter den Bezeichnungen Thiamin und (weniger häufig) Aneurin bekannt und gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen des B-Komplexes, weshalb der Körper es nicht lange speichern kann und immer wieder eine neue Zufuhr benötigt.
Es besitzt vor allem wichtige Funktionen im Energiestoffwechsel und für das menschliche Nervensystem und wird daher auch oft als Stimmungsvitamin bezeichnet.
Vitamin B1 ist sehr hitzeempfindlich und geht – wie alle wasserlöslichen Vitamine – leicht beim Kochen bzw. wässern verloren. Thiamin reichert sich in den verschiedensten Geweben und Organen an und ist zudem in der Muskulatur zu finden.
Aufgenommen wird es im Darm über zwei Thiamintransporter.
Die tägliche minimale Aufnahmemenge liegt bei 1,1 mg. Ernährungsmedizinisch werden Dosierungen von 10mg bis 200 mg empfohlen. Es hat einen weiten sicheren Dosierungsbereich, Mengen ab 200 mg können bei einigen Menschen Schwindel verursachen.1
Funktionen und Anwendungen des Vitamin B1
Vitamin B1 (Thiamin) wird in seiner ursprünglichen Form, die es in Lebensmitteln aufweist, nicht vom Körper verwendet, sondern wird zunächst in Thiaminpyrophosphat umgewandelt. Dieses ist biologisch aktiv und fungiert als Coenzym.
Vitamin B1 im Energiestoffwechsel
Das Einsatzgebiet von Thiamin erstreckt sich dabei unter anderem auf den Zucker- und Fettstoffwechsel, wo es wichtig für die Energiegewinnung aus der Nahrung ist. Es katalysiert die Verbrennung von Kohlenhydraten und wandelt jene in Fette um. Außerdem wird Vitamin B1 für die Produktion von Magensäure benötigt, womit es Anteil an der Verdauung hat.
Je mehr Energie der Körper benötigt, desto weiter steigt gleichzeitig auch sein Bedarf an Thiamin, denn ohne es kann die Nahrung nicht ausreichend verwertet werden. Vor allem Nervenzellen sind zwingend auf die Energie aus Kohlenhydraten angewiesen, weshalb Vitamin B1 auch eine Rolle für die Gedächtnisleistung spielt.
Es baut Kohlenhydrate in Gehirn und Muskeln ab und trägt somit zu deren ausreichender Versorgung bei. Des Weiteren sorgt Vitamin B1 dafür, dass Reize vom Nerv auf den Muskel übertragen werden können und unterstützt somit die Erregungsleitung. Auch beeinflusst es die Synthese verschiedener Neurotransmitter, welche Informationen zwischen den einzelnen Nervenzellen weiterleiten.
Stress, Müdigkeit, Vergesslichkeit, PMS
Vitamin B1 befindet sich in den Zellwänden der Nervenstränge und ist an der Übermittlung von Nervenimpulsen beteiligt. Es ist zudem an der Synthese von Neurotransmittern beteiligt. Nicht nur Vitamin B1, sondern alle B-Vitamine werden auch als Anti-Stress-Vitamine bezeichnet. Ernährungsmediziner empfehlen daher bei Stress und geistiger Belastung eine Kombination hochdosierter B-Vitamine2. Ginkgo Biloba und Coenzym Q10 sind in diesem Zusammenhang ebenfalls zur Unterstützung des Energiestoffwechsels und der Nervenfunktionen empfehlenswert.
Symptome des prämenstruellen Syndroms (PMS), also unter anderem Stimmungsschwankungen, Gereiztheit oder Traurigkeit, treten deutlich häufiger bei Frauen mit Vitamin B1 Mangel auf.3
Proteinsynthese und Kollagen
Thiamin ist am Stoffwechsel der Aminosäuren und der Kollagensynthese beteiligt.
Detox Wirkung von Vitamin B1
Eine weitere wichtige Funktion des Vitamin B1 ist die Entsorgung schädlicher Nebenprodukte des Stoffwechsels. Sie müssen abtransportiert bzw. umgewandelt werden, damit sie keine schädigenden Wirkungen auf Herz oder Nervensystem entfalten können.
Auf diesem Wege schützt Vitamin B1 auch das Herz-Kreislauf-System und vermindert das Risiko für Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Da Aneurin ebenfalls an der Kollagensynthese beteiligt zu sein scheint, ist es weiterhin unerlässlich für den Aufbau der meisten Gewebe des Körpers.
Abwehr von Insekten
Hochdosiertes Vitamin B1 (über 100mg pro Tag, daher nur als Medikament erhältlich) wird vom Körper auch über den Schweiss ausgeschieden. Insekten sollen den Geruch nicht mögen. Die Wirksamkeit zur Insektenabwehr ist allerdings umstritten.
Ursachen und Symptome von Vitamin B1 Mangel
Das im Körper gespeicherte Vitamin B1 ist bereits nach 14 Tagen zu 50 % aufgebraucht, so dass eine gleichmässige Versorgung wichtig ist. Es hat damit die von allen B-Vitaminen niedrigste Speicherzeit im Körper. Folsäuremangel reduziert die Aufnahme von Vitamin B1 und kann zu einem Thiaminmangel beitragen.
Ursachen
Ursachen für Vitamin B1 Mangel sind vor allem
- Fehlernährung,
- Alkoholismus,
- Arzneimittel,
- Störungen in der Aufnahme und
- Magnesiummangel.
Im Alter und während der Schwangerschaft ist der Bedarf bei mindestens 1,4 mg Thiamin pro Tag. Auch starker Kaffekonsum oder Teekonsum erhöht den Bedarf an Vitamin B1.
Symptome
Eine Vitamin B1 Mangel (Hypovitaminose) zeigt seine Symptome vor allem in verminderter Energie der Person und gereizter Stimmung:
- Appetitlosigkeit
- Müdigkeit, Schlaflosigkeit
- Muskelschwäche, eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
- Konzentrationsschwäche
- Lern- und Gedächtnisstörungen
- Gereiztheit
- Vergesslichkeit, Verwirrtheit
- in Verbindung mit Diabetes: Diabetische Polyneuropathie und Retinopathie
Beriberi ist die klassische Vitamin B1 Mangelkrankheit. Sie ist in Südostasien nach Erfindung der Reisschälmaschinen vermehrt aufgetreten. In Westeuropa ist hoher Alkoholkonsum in Verbindung mit Fehlernährung oder Mangelernährung Ursache von Beriberi. Geschätze 20% – 40% aller Alkoholiker leiden an einem Mangel an B-Vitaminen.
Nahrung mit viel Vitamin B1
Vitamin B1 ist nur in wenigen Lebensmitteln enthalten, in diesen aber relativ konzentriert. Vor allem Weizenkeime enthalten eine große Menge Thiamin und können als Öl oder in getrockneter Form aufgenommen werden. Auch Sonnenblumenkerne und Sojabohnen eignen sich gut, um den Bedarf zu decken.
Vitamin B1 (Thiamin) in Lebensmitteln
Nahrungsmittel | Gehalt an Thiamin in mg je 100g |
---|---|
Bierhefe | 12 mg |
Weizenkeime | 2 mg |
Sonnenblumenkerne | 1,5 mg |
Schweinefleisch | 0,9 mg |
Bohnen | 0,8 mg |
Haferflocken | 0,6 mg |
Rindfleisch | 0,23 mg |
Kartoffeln | 0,3 |
grüne Erbsen | 0,32 |
Viel Vitamin B1 enthalten auch Backhefe und gerösteter Sesam. Der Bedarf an Vitamin B1 hängt hauptsächlich vom Energieumsatz ab, da Thiamin am Energiestoffwechsel beteiligt ist.
Quellen:
- Bugerstein, Lothar “Handbuch Nährstoffe”, 12. Aufl., S. 169 ↩
- Gröber, Uwe, “Orthomolekulare Medizin. Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte”, 2. Aufl., S. 45 ff. ↩
- Chocano-Bedoya PO, Manson JE, Hankinson SE, Willett WC, Johnson SR, Chasan-Taber L, Ronnenberg AG, Bigelow C, Bertone-Johnson ER; “Dietary B vitamin intake and incident premenstrual syndrome.”, Am J Clin Nutr. 2011 May;93(5):1080-6. doi: 10.3945/ajcn.110.009530. Epub 2011 Feb 23. ↩