Präbiotika – Ungesunde Kohlenhydraten müssen oft nicht sein
In der westlichen Ernährung nehmen leicht verdauliche Kohlenhydrate einen hohen Stellenwert ein. Dabei handelt es sich in der Regel um raffinierten Zucker und weißes Mehl. Diese Stoffe werden unmittelbar in Energie umgesetzt. Wird die Energie, die nur sehr kurzfristig zur Verfügung steht, nicht sofort umgesetzt, sorgen leicht verdauliche Kohlenhydrate dafür, dass sie in Form von Pölsterchen und Bauchringen eingelagert werden.
Das bereitet Vielen nicht nur ästhetische Probleme, sondern ist auch Ursache zahlreicher Zivilisationskrankheiten wie dem metabolischen Syndrom oder dem tödlichen Quartett, bestehend aus Übergewicht, Bluthochdruck, schlechten Blutfettwerten sowie einer Resistenz gegenüber Insulin.
Der Austausch- und Zusatzstoff der Zukunft: Präbiotika
Die neuere Lebensmittelforschung zeigt jedoch, dass das gar nicht sein muss. Auch braucht in Maßen kein ein Verzicht auf Süßes, Brot oder andere Nahrungsmittel, die nicht immer den besten Ruf haben, zu erfolgen. Das Zauberwort hier lautet: Präbiotika.
Präbiotika sind in aller Regel auch Kohlenhydrate, die wie die süße Oligofructose als Zuckeraustauschstoff dienen oder wie Inulin den Ballaststoffanteil verschiedener Lebensmittel erhöhen können. Allerdings sind sie nicht leicht verdaulich. Präbiotika sind sogar überhaupt gar nicht oder nur in äußerst geringem Umfang verdaulich. Genau dies eröffnet zahlreiche Vorteile. Sie gelangen nämlich unverdaut in den Darmtrakt und dienen dort als willkommene Leckerbissen der Ernährung probiotischer Bakterien, über die an anderer Stelle ausführlich berichtet wurde, was hier zusammengefasst werden soll:
- Probiotische Bakterien sind Garant für eine gesunde Darmflora. Sie gehören zu den natürlichen Nahrungskonkurrenten von schädlichen Bakterien, die nicht einmal davor Halt machen, diese durch Absonderungen zu dezimieren (1 – 3).
- Sie wirken stärkend auf das Immunsystem (4).
- Bei einem Reizdarmsyndrom können probiotische Bakterien die Symptome vermindern (5).
- Sie sind entscheidend daran beteiligt, bei Durchfall das natürliche Gleichgewicht im Darm wieder herzustellen (6, 7). Die Aufnahme von Präbiotika kann zusätzlich die Intensität von Durchfällen ausgelöst durch Infektionen oder Medikamente absenken (8).
Präbiotika helfen dem Gehirn, den Appetit zu zügeln
Weitere Effekte von Präbiotika bestehen darin, dass ihr unverdautes Eintreffen im Darm dem Gehirn Signale übermittelt, dass eine weitere Nahrungsaufnahme nicht mehr notwendig ist. Das Gefühl des Stattseins stellt sich also früher ein und hält länger an (9).
Verstopfungen kommen mit Präbiotika seltener vor
Darüber hinaus wirken sie wohl dem in den Industrienationen weit verbreiteten Problem von Verstopfungen entgegen. Es werden im Westen häufig stark verarbeitete Nahrungsmittel zu sich genommen, denen Ballaststoffe, natürliche Fasern und vieles mehr entzogen wurde. Dies gepaart mit Medikamentengebrauch und Bewegungsarmut behindert die Darmtätigkeit und es kann zu Verstopfungen kommen.
Präbiotika bringen die Aktivität des Verdauungstraktes wieder auf Trab, indem sie einerseits die Mikroflora dort ins Gleichgewicht bringen und andererseits aber auch durch ihre eigene Struktur, die den Durchlass durch die Darmkanäle erleichtert (10).
Gehirnleiden (Enzephalopathien) treten seltener auf
Einem durch Präbiotika erzielten Effekt ist es wohl auch zu verdanken, dass bestimmte Enzephalopathien – Gehirnleiden, die häufig durch Vergiftungen ausgelöst werden – bei Verwendung von Präbiotika seltener auftreten. Präbiotika unterliegen im Darm einem Fermentationsprozess, der zu einem sauren Umfeld führt und dazu, dass Eiweiße während ihrer Umwandlung weniger vom giftigen NH3-Ammoniak abgeben und dafür mehr NH4+Ammoniak, das nicht vom Gehirn aufgenommen sondern ausgeschieden wird (11).
Für ein stärkeres Immunsystem
Eine Untersuchung der medizinischen Hochschule am Royal Free and University College in London, Vereinigtes Königreich, hat zudem darauf hingewiesen, das Präbiotika wie insbesondere Inulin bei älteren Personen eine zusätzliche, regulierende Kraft auf das Immunsystem haben kann (12).
Präbiotika gegen Wachstum mancher Krebszellen
In Tierstudien schließlich konnte herausgefunden werden, dass gerade die Präbiotika Oligofructose und Inulin die Entwicklung von Krebszellen im Grimmdarm – einem Bereich des Dickdarms – blockieren können. Diese Studien sind jedoch noch nicht sehr weit fortgeschritten und müssen durch weitere Untersuchungen ergänzt werden (13, 14).
Sind Präbiotika nur als Zusatzstoffe vorhanden?
Inulin und Oligofructose wurden erst vor Kurzem aus Austausch- oder Aufwertungsstoffe von der Industrie entdeckt und sind mittlerweile auch separat für den Gebrauch zu Hause erhältlich. Natürlich kommen Präbiotika schon seit jeher reichhaltig vor allem in frischem Gemüse vor. Inulin beispielsweise ist in der Artischocke, der Schwarzwurzel, dem Löwenzahn oder auch dem Chicorée vorhanden.
Können Präbiotika negative Begleiterscheinungen haben?
Freilich ist es aufgrund der vielen positiven Eigenschaften zu befürworten, dass Präbiotika verwendet werden, um den Gebrauch von Zucker zu senken und den Ballaststoff-Anteil von Lebensmitteln zu erhöhen. Bei einigen Personen jedoch, kann es durch Präbiotika zu einer erhöhten Gasbildung und leider auch leichter Diarrhöe (Durchfall) kommen. Hier empfiehlt es sich die Verwendung zu verringern oder auf andere Präbiotika auszuweichen.
Präbiotika sollten gemeinsam mit Probiotika zugeführt werden. Werden keine Probiotika eingenommen, spielt ein Zusammenhang mit anderen Mahlzeiten keine Rolle.
Quellen und Studien:
(1) Gorbach, S. L., “Probiotics and gastrointestinal health”, Am J Gastroenterol 2000 Jan;95(1 Suppl), S. 2 – 4.
(2) Guarner, F., et al., “Gut flora in health and disease”, Lancet 2003 Feb 8;361(9356), S. 512 – 19.
(3) Isolauri, E., et al., “Probiotics: a role in the treatment of intestinal infection and inflammation?”, Gut 2002 May;50 Suppl 3:III, S. 54 – 59.
(4) Alberda, C., et al., “Effects of probiotic therapy in critically ill patients: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial”, Am J Clin Nutr. 2007 Mar;85(3), S. 816 – 23.
(5) Mitsuyama, K., et al., “Gut microflora: a new target for therapeutic approaches in inflammatory bowel disease”, Expert Opin Ther Targets. 2008 Mar;12(3), S. 301 – 12.
(6) Saavedra, J., “Probiotics and infectious diarrhea”, Am J Gastroenterol 2000 Jan;95(1 Suppl):S16-8 2001; 95, S. 16 – 18.
(7) Hickson, M., et al., “Use of probiotic Lactobacillus preparation to prevent diarrhoea associated with antibiotics: randomised double blind placebo controlled trial”, BMJ. 2007 Jul 14;335(7610), S. 80 ff.
(8) Gibson, G. R., et al., “Prebiotics and resistance to gastrointestinal infections”, Br J Nutr. 2005; 93 Suppl 1, S. 31 – 34.
(9) Smith, A. P., et al., “The concept of well-being: relevance to nutrition research”, Br J Nutr. 2005 Apr;93 Suppl 1, S. 1 – 5.
(10) Hamilton-Miller, J. M., “Probiotics and prebiotics in the elderly”, Postgrad Med J. 2004; 80(946), S. 447 – 51.
(11) Manning, T. S., et al., “Microbial-gut interactions in health and disease”, Prebiotics. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2004; 18(2) S. 287 – 98.
(12) Hamilton-Miller, J. M., “Probiotics and prebiotics in the elderly”, Postgrad Med J. 2004; 80(946), S. 447 – 51.
(13) Taper, H. S., et al., “Possible adjuvant cancer therapy by two prebiotics-inulin or oligofructose”, In Vivo. 2005; 19(1), S. 201 – 04.
(14) Pool-Zobel, B. L., “Inulin-type fructans and reduction in colon cancer risk: review of experimental and human data”, Br J Nutr. 2005; 93 Suppl 1, S. 73 – 90.