Cholin und Betain sind in Europa dem Verbraucher wenig bekannt. Dabei sind die Substanzen, die sehr den B-Vitaminen ähneln, effektive Helfer wenn es um die Senkung des Homocysteinspiegels geht. Ein hoher Homocysteinspiegel ist hauptverantrowortlich für die Verkalkung von Arterien und steht in Verdacht, Plaque auf Nervenzellen und damit Demenz und Alzheimer zu fördern. In einer Studie der Universität Harvard wurde jetzt der Effekt auf die Senkung des Herzinfarkt-Risikos nachgewiesen.
An der Harvard Medical School in Boston, USA, können überdurchschnittlich qualifizierte Absolventen der medizinischen Fakultät der angesehenen, nahegelegenen Harvard Universität nach dem ersten Examen ihre wissenschaftlichen Studien vertiefen. Seit 1782 ist die Einrichtung damit ein sprudelnder Quell für Forschungsarbeiten, die bis heute im Kampf gegen zahlreiche Krankheiten wertvolle Erkenntnisse geliefert haben. Traditionell beschäftigen sich die Harvard-Mediziner schwerpunktmäßig auch mit den Möglichkeiten, die Mikronährstoffe und andere in natürlichen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Substanzen bei einer gesunden Lebensweise spielen können.
In einer aktuellen Studie zum ehemals als Vitamin B4 bezeichneten Cholin und seinem Oxidationsprodukt Betain konnten die Wissenschaftler der medizinischen Elite-Hochschule einen seltenen Beitrag dazu leisten, dass die Aufnahme beider Stoffe über die Nahrung das Herzinfarktrisiko senken kann.1
Hoher Homocystein-Spiegel steigert Demenz- und Herzinfarktrisiko
Cholin und Betain kommen in zahlreichen Lebensmitteln vor. Während Cholin jedoch hauptsächlich in Nahrung tierischen Ursprungs zu finden ist, befindet sich Betain meist in pflanzlichen Produkten. Bisher wurden nur wenige Untersuchungen durchgeführt, die die Wirkung der beiden Stoffe aus Nahrungsmitteln beschreiben konnten. Das Problem bestand einfach darin, dass es zu wenige Datenbanken gab, die die Aufnahme von Cholin und Betain in Diäten, die zu Studienzwecken durchgeführt wurden, dokumentierten.
Dies hat sich erst vor Kurzem geändert, was den Harvard-Forschern die Chance eröffnete, genau zu diesem Thema eine Meta-Analyse zum aktuellen Datenmaterial anzustellen. In diesem Zusammenhang wollten die Wissenschaftler wissen, welchen Einfluss die Aufnahme von Cholin und Betain auf den Homocystein-Spiegel hat. Die Aminosäure Homocystein gilt nicht nur als begünstigend für Demenzen. Sie steht auch in Zusammenhang mit Herz-Kreislauferkrankungen. Eine frühere, ebenfalls unter Federführung der Harvard Medical School durchgeführte Meta-Studie konnte berichten, dass eine Reduktion des Homocysteins um drei Mikromol im Serum zu einem 16prozitig verringerten Herzinfarktrisiko führt.2
Für den Fall, dass eine Senkung des Homocystein-Spiegels durch Cholin und Betain in der Nahrung nachgewiesen werden kann, hätten die Harvard-Forscher also auch einen wertvollen Beitrag zur Förderung der Herzgesundheit geleistet.
Cholin und Betain können Homocystein-Spiegel um fast 10 Prozent senken
Die US-amerikanischen Wissenschaftler nahmen sich also Daten von insgesamt 1960 Probanden, 1040 Frauen und 920 Männer im Durchschnittsalter von 54 Jahren, vor. Die Ernährungsgewohnheiten der Teilnehmer waren detailliert in Fragebögen erfasst, in denen 130 verschiedene Nahrungsmittel unterschieden wurden. Zudem konnten die Resultate von regelmäßigen Blutproben den Teilnehmern zugeordnet werden. Darüber hinaus wurden verschiedene Faktoren wie Alter, Geschlecht, Tabak- und Alkoholkonsum, Bluthochdruck sowie die Einnahme von B-Vitaminen in der Auswertung berücksichtigt.
Aus diesem umfangreichen Material analysierten die Forscher, dass die Homocystein-Konzentration bei denjenigen Personen, die mit 401 Milligramm täglich am meisten Cholin zu sich nahmen, um neun Prozent unter der lag, die bei Probanden festgestellt wurde, die nur 234 Milligramm Cholin am Tage verzehrten und damit am unteren Ende der Skala lagen. Wurde die Aufnahme von Betain zusätzlich mit einbezogen, ergab sich eine maximale Aufnahme der beiden Substanzen von 689 Milligramm täglich und eine minimale von 383 Milligramm. Der Homocystein-Spiegel differierte hier um 9,2 Prozent.
Wissenschaftler empfehlen 550 Milligramm Cholin täglich
Die Wissenschaftler vermuten, dass Betain beziehungsweise das im Körper zu Betain oxidierte Cholin in Nieren und Leber bewirken, dass sich eine Methylgruppe an das Homocystein bindet, woraus Methionin entsteht. Gleichzeitig mutmaßten die Forscher daher, dass der Homocystein-Spiegel durch die Aufnahme von Cholin und Betain auch bei einem geringen Verzehr an B-Vitaminen erfolgreich gesenkt werden kann. Diese Folgerung ist in der Praxis jedoch bedeutungslos, da eine gute Versorgung mit Cholin, die Forscher geben hier 550 Milligramm für Männer und 425 Milligramm für Frauen an, aus Lebensmitteln automatisch auch eine ausgezeichnete Einnahme von B-Vitaminen mit sich bringt. Beispielsweise Eier sowie Rinderleber gelten als reich an beidem. Aufhorchen lässt jedoch, dass nach den analysierten Daten durchschnittlich nur 313 Milligramm Cholin zu sich genommen wird.
Quellen:
- Cho, E., et al., „Dietary choline and betaine assessed by food-frequency questionnaire in relation to plasma total homocysteine concentration in the Framingham Offspring Study“, American Journal of Clinical Nutrition Vol. 83, S 905 – 911 ↩
- Wald, D. S., et al., „Homocysteine and cardiovascular disease: Evidence on causality from a meta-analysis“, British Medical Journal, 325, S. 1202-1208. ↩