Neue Wege im Kampf gegen Alzheimer und andere dementielle Erkrankungen: Neben Ginkgo biloba sind auch Omega-3 Fettsäuren, Vitamine, Mineralstoffe und Polyphenole wichtig und fördern die Gesundheit des Gehirns und der Nerven.
In jeder Expertenrunde ist man sich einig, dass die Anzahl der Menschen, die an Gedächtnisstörungen oder dementiellen Erkrankungen leiden, ein nie da gewesenes Niveau erreicht hat. In Zukunft ist, allein schon bedingt durch die steigende Lebenserwartung, mit einem weiteren starken Ansteigen dieser Zahl zu rechnen. Dabei stehen gerade diese Erkrankungen in einer Aura des Ausgeliefert-Seins.
Seit langem werden sie auf kognitive Beeinträchtigungen zurückgeführt, gegen die es kaum eine Abwehr und schon gar keine Heilung gibt. Die Unheilbarkeit von Demenzen steht dabei außer Frage.
Allerdings die Annahme, diesen Erkrankungen schutzlos ausgeliefert zu sein, gerät immer mehr ins Wanken. Die jüngere Forschung beschäftigt sich nämlich vermehrt mit der Frage, inwieweit unsere Ernährung eine präventive Rolle gegen Rückgänge und Schädigungen der Hirnfunktionen spielen kann. Der folgende Überblick versucht, den Stand dieser Forschungen zusammenzufassen.
Stoffe wirken nur langfristig und regelmäßig eingenommen
Für jedermann und jederfrau sichtbar hat sich in den vergangenen Jahren ein riesiger Markt mit Präparaten, die Omega-3 Fettsäuren, Phosphatidylserin (PS), Vitamin E oder auch B-Vitamine enthalten, und Diäten wie der Mittelmeerdiät entwickelt, die die Erhaltung geistiger Gesundheit versprechen. Zugegeben: Wundermittel sind hier nicht zu finden.
Dennoch haben sich einige Wirkstoffe und Strategien als hilfreich erwiesen, wenn es darum geht, einem Verfall kognitiver Fähigkeiten vorzubeugen oder bei bereits bestehenden Beschwerden die Symptome abzumildern.
Bei allen diesen Stoffen geht es jedoch nicht – und das sei vorweggenommen – um eine Schalterwirkung nach dem Prinzip: Pille eingenommen, Gefahr gebannt. In jedem Falle sind positive Effekte nur mit einer langfristigen, regelmäßigen Einnahme zu erreichen.
Omega-3
DHA bildet einen großen Teil des Fettgewebes im Gehirn – Aber hilft auch eine Einnahme?
Richten wir zunächst unseren Blick auf die Omega-3 Fettsäure Docosahexaensäure (DHA). Sie bildet rund 40 Prozent des Fettgewebes der strukturellen Komponenten des Gehirns. Nun wird es dem komplexen Aufbau und Stoffwechsel des Organismus sicher nicht gerecht, anzunehmen, dass bei Leberproblemen der Verzehr von Leber hilft.
Ebenso wenig kann aufgrund des bloßen Vorhandenseins von DHA im Gehirn davon ausgegangen werden, dass die Einnahme der Omega-3 Fettsäure dazu beiträgt, Schädigungen dieses Organs zu verhindern oder abzumildern. Das wäre in etwa so, als würde man Knochen essen, um gegen einen Knochenbruch vorzugehen. Im Falle der DHA muss gewährleistet sein, dass die von außen zugeführte Omega-3 Fettsäure vom Körper aufgenommen wird oder bioverfügbar ist und an den richtigen Stellen zum Einsatz kommt.
Dies konnte in zahlreichen Beobachtungsstudien bestätigt werden. Menschen, auf deren Speiseplan häufig Omega-3 reicher, fetter Seefisch steht, haben ein geringeres Risiko, an Gedächtnisverlust oder Alzheimer zu erkranken. In vitro oder im Reagenzglas konnte dabei nachgewiesen werden, dass DHA einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Nervenzellen im Gehirn gesund zu erhalten.
Omega-3 Fettsäuren unterstreichen die Wichtigkeit des Ernährungsstils zur Vorbeugung gegen Demenzen
Eine aktuelle Studie untermauert, dass die tägliche Einnahme von DHA reichen Omega-3-Kapseln mit Fischöl die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses bei gesunden Menschen signifikant verbessert.1 Die Untersuchung fand an der schon im Jahre 1666 gegründeten Universität Lund in Schweden statt. Die gesunden Probanden im Alter von 51 bis 72 Jahren bekamen eine tägliche Ergänzung mit drei Gramm Omega-3 Fettsäuren, der obersten Dosis, die als langfristig sicher gilt, oder ein Placebo über einen Zeitraum von fünf Wochen verabreicht.
Daraufhin wurden kognitive Funktionen untersucht sowie metabolische Risikomarker wie Blutdruck, Serum-Triglyceride und Nüchternblutzucker gemessen. Über die Verbesserung des Arbeitsspeichers hinaus stellten die Wissenschaftler eine Intensivierung der Beziehung zwischen Herz-Kreislauf-Risikofaktoren und kognitiver Leistung fest. Daraus schlossen sie auf ernährungsspezifische Präventionsstrategien, um das Auftreten von Stoffwechselstörungen und den damit verbundenen kognitiven Verfall zu verzögern.
Alzheimer-Patienten leiden oft auch an Vitamin-E-Mangel
Die nächste Gruppe, denen zunehmend eine Bedeutung zur geistigen Gesunderhaltung zugesprochen wird, umfasst die Mikronährstoffe Vitamine und Mineralien. Hier hat eine Studie gezeigt, dass Alzheimer-Patienten sehr häufig eine bedenklich niedrige Konzentration der am häufigsten vorkommenden E-Vitamine Tocopherol und Tocotrienol im Blut haben.
Dazu wurden 168 Alzheimer-Patienten, 166 Personen mit einer milden kognitiven Beeinträchtigung und 187 mit normalen kognitiven Funktion untersucht. Festgestellt wurde, dass die Probanden aus den ersten beiden Gruppen mit einer 85prozentig geringeren Wahrscheinlichkeit in der Gruppe mit dem höchsten Gehalt an Tocopherol, Tocotrienol sowie Gesamt-Vitamin-E im Blut zu finden waren. Wurden alleine die Tocotrienol-Werte betrachtet, waren es sogar 92 beziehungsweise 94 Prozent.2
B-Vitamine im Verdacht Alzheimer-Ausbruch verhindern zu können
Abgesehen vom Vitamin E konnte auch bestätigt werden, dass Vitamin-D-Defizite das Demenz-Risiko erhöhen und eine Abnahme geistiger Fähigkeiten beschleunigen. B-Vitaminen wiederum konnte nachgewiesen werden, dass sie den geistigen Abbau bei einer milden kognitiven Beeinträchtigung verlangsamen können.
Einige Forschungen gehen so weit, nahezulegen, hohe Dosen an B-Vitaminen zu verabreichen, um den Ausbruch einer Alzheimer-Krankheit dadurch zu verhindern, dass das Schrumpfen des medialen Temporallappens, besser bekannt als Schläfenlappen, aufgrund der Vitamine gestoppt wird.3
Insbesondere die Kombination von Folsäure, Vitamin B6 und hochdisertem Vitamin B12 konnte signifikant den Homocysteinspiegel senken und so nachweislich die Bildung von Demenz verringern.
Mineralstoffe gegen Aluminium im Organismus
Im Bereich der Mineralstoffe regte unlängst eine Studie an, regelmäßig Mineralwasser zu trinken, das reich an Silizium ist. Die antidementive Wirkung besteht darin, dass durch dieses Wasser Aluminium im Körper reduziert wird, das mit dem Auftreten klinischer Symptome der Alzheimer-Krankheit verbunden ist.
Zudem konnten die Wissenschaftler über einen bemerkenswerten Effekt dieser Dezimierung von Aluminium bei Alzheimer-Patienten berichten: Bei acht von 15 Probanden kam es während des Untersuchungszeitraum zu keiner weiteren Verschlechterung ihres Zustandes und bei dreien trat sogar eine Verbesserung auf.4
Beeren verlangsamen Alterung des Gehirns
Eine Studie schließlich, die sich mit den Daten der großangelegten Nurses Health Study beschäftigte, an der über 120.000 Frauen beteiligt waren, schloss mit der Feststellung, dass die Polyphenole in Beeren gegen den Abbau von Gehirnfunktionen während der Alterung schützen können.
Bei den Teilnehmerinnen, bei denen am meisten Heidelbeeren und Erdbeeren in der Ernährung zu finden waren, war eine Verzögerung des Gehirn-Alterungsprozesses um zweieinhalb Jahren im Vergleich zu denen, die am wenigsten diese Früchte zu sich nahmen, festzustellen.5
Polyphenole sind ebenfalls Bestandteil von Ginkgo biloba Extrakt.
Von der Utopie zur Wirklichkeit
Mit der Intensivierung dieser Forschungen kann es sein, dass es schon bald keine Utopie mehr sein wird, den Kampf gegen Demenzen wie die Alzheimer Erkrankung für gewinnbar zu halten. Eine Heilung steht zwar nicht in Aussicht, aber Ausbruch und Verlauf der Krankheit könnten dank Omega-3, Vitaminen, Mineralstoffen und Polyphenolen bis an die Grenzen der biologischen Lebenserwartung verzögert werden.
Was also tun?
1) Die Studienergebnisse lassen für ältere Menschen eigentlich nur einen Schluß zu: Wer eine gute Versorgung mit Multivitaminen und sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenolen hat, kann den natürlichen altersbedingten Verfall vermutlich signifikant bremsen.
2) Aber, wie die Nationale Verzehrsstudie II gezeigt hat: Selbst mit konsequent gesunder Ernährung mit viel Obst und möglichst rohem Gemüse, viel Fisch und wenig Fleisch ist das Ideal an Vitaminaufnahme schwer zu erreichen.
Zur Abdeckung von möglichen Defiziten und Vorbeugung sollten deshalb neben rohkostreicher Ernährung mit viel Fisch auch Vitamin Nahrungsergänzungen genommen werden. Ginkgo und Multivitamine, aber auch energiefördernde Provitamine wie Q10 und L-Carnitin sind dabei besonders wichtig.
Was ein weiteres gutes Argument ist: Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe wirken nicht nur güntig bei Demenz, sondern auch bei Arteriosklerose, Osteoporose (Vitamin D !) und vorbeugend bei weiteren Zivilisationskrankheiten.
Studien:
- Björck, Inger, et al., „Effects of supplementation with n-3 polyunsaturated fatty acids on cognitive performance and cardiometabolic risk markers in healthy 51 to 72 years old subjects: a randomized controlled cross-over study“. Nutrition Journal, Epub published ahead of print. ↩
- Mangialasche, F., et al., „Tocopherols and tocotrienols plasma levels are associated with cognitive impairment“, Neurobiol Aging, 2012 Oct, 33(10), S. 2282 – 90. ↩
- Douaud, G., et al., „Preventing Alzheimer’s disease-related gray matter atrophy by B vitamin treatment“, Proceedings of the National Academy Sciences, Epub published ahead of print. ↩
- Davenward, S., „Silicon-Rich Mineral Water as a Non-Invasive Test of the ‚Aluminum Hypothesis‘ in Alzheimer’s Disease“, Journal of Alzheimer’s Disease, Epub published ahead of print. ↩
- Devore, E. E., et al., „Dietary intakes of berries and flavonoids in relation to cognitive decline“, Annals of Neurology, Epub published ahead of print. ↩