Die Einnahme von Folsäure vor und möglicherweise auch während der Schwangerschaft kann nicht nur vor Missbildungen im frühen Schwangerschaftsstadium schützen, sondern auch das Hirntumor-Risiko beim Kind senken.
Die aktuelle, Mitte Juni 2013 veröffentlichte Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) wählt die geschickte Formulierung, dass Frauen “die schwanger werden wollen oder könnten” Folsäure zu sich nehmen sollten.1 Das kann natürlich nichts anderes heißen, als daß allen Frauen im gebärfähigen Alter geraten wird, sich grundsätzlich mit genügend Folsäure zu versorgen. Die DGE legt hier eine Dosierung von 450 bis 550 Mikrogramm nahe.
Die ausreichende Folsäure-Versorgung ist mindestens in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft wichtig. So kann das Risiko eines Neuralrohrdefektes beim Fötus deutlich gesenkt werden. Dr. med. Klaus König, zweiter Vorsitzender des Bundesverbandes der Frauenärzte und Vorsitzender des Landesverbandes Hessen, beziffert die Risikosenkung für Neuralrohrdefekte durch Folsäure-Prophylaxe auf 70 Prozent. Andere Untersuchungen gehen von einer Verfierfachung des Risikos von Neuralrohrdefekten bei Folsäuremangel aus.
Seit Einführung der Folsäure-Anreicherung in den USA Rückgang von Krebs bei Kindern
Neuralrohrdefekte können sich in sehr frühen Stadien der Schwangerschaft bilden. Um dies zu verhindern müssen Frauen bereits vor der Empfängnis gut mit Folsäure versorgt sein. Daher wird eine generelle Einnahme angeraten, da Schwangerschaften häufig ungeplant eintreten und die durchschnittliche Zeit bis zur ersten Vorsorgeuntersuchung 9 Wochen beträgt. In dieser Zeit kann ein Neuralrohrdefekten kann bereits stattgefunden haben.
In den USA sowie inzwischen 50 weiteren Ländern werden daher seit 1998 einige Grundnahrungsmittel obligatorisch mit Folsäure angereichert. Hier konnte ein weiterer Effekt des B-Vitamins festgestellt werden.
Bei einer Überprüfung zum Auftreten von Krebs im Kindesalter in den Jahren 1986 bis 2008 stellten US-amerikanische Wissenschaftler der Universitäten von Minnesota und Washington fest, dass mit der Einführung der Folsäure-Anreicherung in den USA zwei Krebsarten signifikant abnahmen. Dabei handelte es sich um das Nephroblastom, einem bösartigen Nierentumor, von dem speziell Kinder betroffen sind, und dem primitiven neuroektodermalen Tumor, ein ebenfalls auf Kinder und Jugendliche konzentrierter Hirntumor.2
Biologisch plausibler Zusammenhang von mütterlicher Folsäure-Einnahme und verringertem Hirntumor-Risiko für das Baby
Genau diesen Befund stärkt eine neue Studie, die vom Telethon Institute for Child Health Research an der University of Western Australia stammt.3 Hier überprüften die Wissenschaftler, Befunde aus den Jahren 2005 bis 2011, die insgesamt 327 Kindern mit Hirntumoren in zehn pädiatrischen Onkologie-Zentren zugeordnet waren. Zur Kontrolle wurden die Daten von 867 Kindern ohne Hirntumor einbezogen. In einem Fragebogen eruierten die Forscher die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel der Mütter vor und während der Schwangerschaft.
Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Einnahme von Folsäure vor dem Eintritt der Schwangerschaft und möglicherweise auch während der Schwangerschaft das Hirntumor-Risiko beim Kind um bis zu 32 Prozent senken kann. Die australischen Forscher merkten zusätzlich an, dass die meisten Mütter, die Folsäure einnahmen, auch mindestens ein weiteres Vitamin zu sich nahmen und schlossen unterstützende Effekte nicht aus.
In einem Resümee merkte die Studienleiterin Professor Elizabeth Milne an, dass der inverse Zusammenhang zwischen dem mütterlichen Folsäure-Speicher und der Ausbildung von Hirntumoren beim Kind biologisch plausibel ist. Die Folsäure werde schnell für eine Gesunderhaltung der DNA eingesetzt, wie sie auch an der Replikation und Versorgung zur raschen Entwicklung der fötalen Gehirnzellen beteiligt ist.
Quellen:
- Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V., “DGE veröffentlicht neue Referenzwerte für Folat”, Pressemitteilung 07/2013, 18. Juni 2013 ↩
- Linabery, Amy, M., et al., “Childhood Cancer Incidence Trends in Association With US Folic Acid Fortification (1986-2008)”, Official Journal oft the American Academy of Pediatrics, Epub published ahead of print. ↩
- Milne, E., et al., “Maternal use of Folic Acid and Other Supplements and Risk of Childhood Brain Tumors”, Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention, Epub published ahead of print. ↩