Jodmangel ist nicht nur für Schilddrüsenvergrößerung, sondern auch für Defizite in der neuronalen Entwicklung des Fötus verantwortlich. Dabei ist Jodmangel weit verbreitet. Schwangere sollten deshalb ihre Ernährung jodreich gestalten oder mit Nahrungsergänzungen nachhelfen.
Wissenschaftler der britischen Universitäten von Surrey und Bristol sowie der Universität von Tasmanien, Australien, haben in zwei separaten Studien eine Verbindung von mütterlichem Jodmangel während der Schwangerschaft und einem niedrigeren IQ ihrer Kinder aufgedeckt. Eine Erkenntnis, die gerade in Deutschland offene Ohren finden sollte. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leiden hierzulande nämlich über 22 Millionen Menschen an einer Unterversorgung mit Jod.
Seit langem ist bekannt, dass dieser Jodmangel zu einer Schilddrüsenvergrößerung führt. Bei schwangeren und stillenden Frauen steigt der Jodbedarf deutlich. Sie sollten statt etwa 180 Mikrogramm täglich 230 bis 260 Mikrogramm zu sich nehmen.
Da dies oft nicht der Fall ist, kommen nach Angaben des Berufsverbandes für Frauen in Deutschland rund 6.000 Babys pro Jahr mit einer vergrößerten Schilddrüse zur Welt. Die neuen Studien aus dem Inselreich im Norden und von Down Under bringen einen weiteren Aspekt zu den Folgen eines Jodmangels auf die Tagesordnung.
Bei Jodmangel während der Schwangerschaft – 60 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für niedrigeren IQ beim Kindern
Die britischen Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Margaret P. Rayman analysierten für ihre Studie die Daten von 1.000 Mütter, die im Rahmen der Erhebung “Children oft the 90s” gewonnen wurden.1 Damals wurde die Entwicklung von Kindern verfolgt, die von insgesamt 14.000 Müttern in Stratford upon Avon zwischen 1990 und 1991 geboren wurden.
Die Wissenschaftler stellten hier fest, das 67 Prozent der Mütter an einem Jodmangel litten. In Deutschland wird aktuell von einem etwas höheren Niveau – um die 70 Prozent der Schwangeren – ausgegangen.
Um eine Beziehung zum IQ der Kinder herzustellen, wurden diese aufgrund von Intelligenz- und Lesetests, die sie im Alter von acht bis neun Jahren absolvierten, in Gruppen eingeteilt. Dabei fiel dem Team um Prof. Rayman auf, dass diejenigen Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft und Stillzeit einen Jodmangel aufwiesen, mit einer 60prozentig höheren Wahrscheinlichkeit in den Gruppen mit den niedrigsten IQs zu finden waren.
Jodmangel während der Schwangerschaft kann durch spätere Einnahme nicht mehr ausgeglichen werden
Ähnliche Ergebnisse melden auch die Wissenschaftler aus Australien.2 In ihrer neunjährigen Langzeitstudie standen die Lesefähigkeiten von 228 Kindern im Mittelpunkt.
Zur Ermittlung der Ergebnisse wurden standardisierte Tests verwendet. Obwohl alle Kinder während des gesamten Untersuchungszeitraumes mit Jod versorgt wurden, konnten doch bis zum neunten Lebensjahr Folgen einer mütterlichen Unterversorgung während der Schwangerschaft und Stillzeit festgestellt werden.
Bei denjenigen werdenden Müttern nämlich, deren Urinproben einen Anteil von weniger als 150 Mikrogramm Jod pro Liter aufwies, waren die späteren Leistungen ihrer Kinder im Bereich der Rechtschreibung um zehn Prozent, der Grammatik um 7,6 Prozent und der Lesefähigkeit in der Muttersprache um 5,7 Prozent niedriger als bei Kindern von Müttern, die zum entsprechenden Zeitpunkt über diesen Jodwerten lagen. Lediglich im Bereich der Mathematik konnte keine Beziehung zur Jodversorgung der Mutter festgestellt werden.
Dr. Kristin L. Hynes, die Leiterin des Teams der tasmanischen Universität, schloss daraus, dass Defizite in der neuroanalen Entwicklung des Kindes durch einen Jodmangel während der Schwangerschaft begünstigt werden, der durch eine spätere Vergabe von Jod nicht mehr wesentlich zu beeinflussen ist. Daher rät sie schwangeren Frauen dazu, sich nach anerkannten Richtlinien täglich mit einer Jodergänzung zu versorgen.
Studie:
- Rayman, Margaret P., et al., “Effect of inadequate iodine status in UK pregnant women on cognitive outcomes in their children: results from the Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC)”, The Lancet, Volume 382, Issue 9889, Pages 331 – 337. ↩
- Hynes, Kristin L., “Mild Iodine Deficiency During Pregnancy Is Associated With Reduced Educational Outcomes in the Offspring: 9-Year Follow-up of the Gestational Iodine Cohort”, JCEM, Epub published ahead of print. ↩