Cholin ist ein vitaminähnlicher Mikronährstoff, der den B-Vitaminen nahe steht. Er ist wichtig für die Regulierung des Blutzuckerspiegels, des Blutdruckes und baut, ähnlich wie Betain, das körpereigene Abbauprodukt Homocystein ab. Hohe Homocysteinwerte sind ähnlich wie Cholesterin schädlich. Repräsentative Erhebungsdaten offenbaren jetzt eine dramatische Unterversorgung mit Cholin.
Schon seit 1971 führt das US-amerikanische Nationale Zentrum für Gesundheitsstatistiken unter dem Namen NHANES (National Health and Nutrition Examination Survey) regelmäßig repräsentative Erhebungen unter anderem zur Nährstoffversorgung der Bevölkerung durch. Für Ihre Untersuchung der zwischen 2009 und 2014 gewonnenen Daten haben sich Wissenschaftler der George Mason University in Fairfax und des Ernährungsberatungs-Unternehmens Nutrition Impact in Battle Creek, beide USA, auf den essentiellen Nährstoff Cholin konzentriert.
Im Falle von schwangeren Frauen konnten sie sogar einen Befragungszeitraum von 2005 bis 2014 berücksichtigen. Cholin gilt als vitaminähnliche Substanz mit einer Nähe zu verschiedenen B-Vitaminen. Es spielt beispielsweise bei der Entwicklung von Nervenzellen, der Übertragung von Nervenimpulsen aber auch beim Transport und Metabolismus von Lipiden eine zentrale Rolle.
Weniger als zehn Prozent der Erwachsenen nehmen ausreichend Cholin zu sich
Das erschreckende Ergebnis war, dass eine angemessene Cholin-Zufuhr (adequate intake (AI)) nur bei acht Prozent der erwachsenen US-Amerikaner gewährleistet ist. Mit 8,5 Prozent deuten die Daten zwar auf eine geringfügig bessere Versorgung unter Schwangeren hin. Allerdings müsse, so die Forscher, bei diesem Ergebnis eine deutlich höhere Fehlertoleranz von +-2,89 Prozent eingerechnet werden, sodass die Situation hier tatsächlich auch kritischer sein könnte. Lediglich Kinder bis zum dritten Lebensjahr erreichen mit einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit eine angemessene Zufuhr, die jedoch schon bis zum achten Lebensjahr messbar zurückgeht.
Günstigere Werte waren bei denjenigen Erwachsenen festzustellen, auf deren Speisezettel regelmäßig Eier standen. Sie trafen die Zufuhr-Empfehlung für Cholin immerhin zu 57,3 Prozent. Eine Überversorgung konnte aber selbst hier in keinem Fall festgestellt werden. Vollständige Ei-Abstinenz hingegen führte zu einer über 97prozentigen Minderversorgung. Der Konsum anderer cholinhaltigen Lebensmittel wie Fleisch, Geflügel und Meeresfrüchte zeigte keine statistisch relevanten Effekte.
Cholin-Mangel nur durch Eier oder Ergänzungen zu beheben
Die Schlussfolgerung der US-amerikanischen Wissenschaftler lautet also, dass die Einnahmeempfehlungen für Cholin ohne den Konsum von Eiern oder die Zufuhr von Ergänzungsmitteln nur sehr schwierig eingehalten werden können.
Das US-amerikanische Institute of Medicine beziffert eine angemessene Cholin-Zufuhr für erwachsene Männer mit täglich 550 Milligramm und für Frauen mit 425 Milligramm beziehungsweise 450 und 550 Milligramm während der Schwangerschaft oder der Stillzeit. Demgegenüber steht ein Cholin-Gehalt von rund 300 Milligramm je 100 Gramm Ei. Darüber hinaus können auch vegetarische Lebensmittel wie Blumenkohl, Brokkoli und Rosenkohl mit jeweils etwa 40 Milligramm Cholin auf 100 Gramm einen weiteren Beitrag zur Versorgung leisten.
Ideale Cholin-Einnahme während der Schwangerschaft wichtig für die Entwicklung des Kindes
Gerade für Schwangere ist eine optimale Versorgung mit Cholin besonders wichtig. Studien haben nämlich gezeigt, dass ein erhöhter Cholin-Status die neuronale Kommunikation und Gehirnentwicklung des werdenden Lebens günstig beeinflusst. Sinnvoll wäre gerade hier also eine zusätzliche Versorgung über eine Ergänzung.
In diesem Zusammenhang kam im Jahre 2016 allerdings bei einer Untersuchung der 25 am häufigsten verwendeten Multivitamin-Präparate für Schwangere heraus, dass keines von ihnen eine angemessene Cholin-Dosis enthielt. Im Wege steht hier die sperrige Struktur von Cholinsalzen. In Multivitamin-Ergänzungen, würden sie zu einer erheblichen Vergrößerung des Produktes führen.
Die Empfehlung lautet also, auch wenn aufgrund der geringen Verbreitung nur wenig Erfahrungswerte zu unerwarteten Risiken vorliegen, ein Cholin-Einzelpräparat einzunehmen.
Quelle: Wallace, Taylor C., et al., Usual Choline Intakes Are Associated with Egg and Protein Food Consumption in the United States, Nutrients 2017, 9(8), 839, Epub published ahead of print.