Unumstritten ist, dass Vitamin D eine entscheidende Rolle beim Aufbau der Knochen spielt. Defizite können hier bei Heranwachsenden zur gefürchteten Knochenstoffwechselstörung Rachitis führen. Bei Erwachsenen geht ein Blutspiegel von unter 25 Nanomol Vitamin D je Liter mit einem hohen Risiko einher, an einer Osteomalzie oder Knochenerweichung zu erkranken. Gegenwärtig sind dies die Hauptgründe dafür, warum eine Ergänzung mit Vitamin D häufig auch von offiziellen Stellen unterstützt wird. Aber auch das Immunsystem ist abhängig von einer guten Vitamin D Versorgung.
Hochkarätiges Forscherteam auf der Suche nach weiteren Wirkungen von Vitamin D
Es wird allerdings immer deutlicher, dass Vitamin D wohl auch noch für zahlreiche weitere Vorgänge im Organismus unverzichtbar ist und verschiedene Krankheitsrisiken erheblich vermindern kann. Das könnte auch für akute Atemwegsinfektionen einschließlich Erkältungen und Grippe gelten. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine internationale Untersuchung unter Leitung des renommierten Immunologen und Lungenspezialisten Prof. Dr. Adrian R. Martineau von der britischen Queen Mary University of London.
In einer Metaanalyse untersuchten die Wissenschaftler Daten von 11.332 Teilnehmern im Alter von Null bis 95 Jahren aus 25 randomisierten, kontrollierten Vitamin-D-Studien. Dabei stellten sie fest, dass bei regelmäßiger Vitamin-D-Zufuhr der Anteil derjenigen Teilnehmer mit mindestens einer akuten Atemwegsinfektion um 12 Prozent geringer war als in Kontrollgruppen.
Wichtig ist die regelmäßige Einnahme von Vitamin D
Bis dato war diese Indikation nicht bekannt. Die neuen Erkenntnisse sind für das Forscherteam unter Martineau daher ein weiterer Grund dafür, für eine obligatorische Vitamin-D-Anreicherung verschiedener Lebensmittel zu plädieren. Dies umso mehr, da die Metastudie auch zutage gebracht hat, dass der vorbeugende Effekt von Vitamin D gegen Atemwegsinfektionen nur bei einer täglichen oder zumindest wöchentlichen Einnahme auftritt.
Personen mit einem ausgeprägten Vitamin-D-Mangel beziehungsweise Blutwerten von unter 25 Nanomol je Liter profitierten in den analysierten Studien davon am meisten. Die Verabreichung sogenannter Bolus-Dosen, bei denen einmalig oder in größeren Zeitabständen hochdosiert Vitamin D per Injektion verabreicht wird, wirkte sich jedoch nicht auf die Infektionshäufigkeit aus.
Kritik aus Neuseeland und Schottland an Studiendesign
Diese Resultate bleiben allerdings nicht unwidersprochen. So kritisieren Wissenschaftler der neuseeländischen University of Auckland und der schottischen University of Aberdeen, das den in der Metaanalyse untersuchten Studien keine gemeinsame Definition von Infektionskrankheiten der Atemwege zugrunde liegt. Sie zweifeln also daran, inwieweit die Studien vergleichbar sind beziehungsweise Ergebnisse ohne weitere Differenzierung dargestellt werden können.
Des weiteren stören sich die Kritiker an der Präsentation des Haupt-Resultats selber. Die darin gemachte Aussage eines anteiligen 12prozentigen Rückgangs heißt in absoluten Zahlen nämlich, dass die Erkrankungshäufigkeit mit Vitamin D von 42 auf 40 Prozent sinkt. Sicher immernoch ein statistisch relevantes Ergebnis, aber auch Grund genug für die allgemeine Bevölkerung eine Vitamin-D-Ergänzung zu kaufen und regelmäßig einzunehmen? Zusammenfassend bewerten die Neuseeländer und Schotten die Ergebnisse der Metaanalyse als zu unsicher und zu unscharf, um daraus konkrete Empfehlungen ableiten zu können. Vielmehr befürworten sie die Durchführung gut konzipierter randomisierter, kontrollierter Studien mit aussagekräftiger Teilnehmerzahl zur Bestätigung der Hypothese, dass Vitamin D gegen Atemwegsinfektionen vorbeugt.
Quelle: Martineau, Adrian R., et al., Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data, BMJ 2017; 356, Epub published ahead of print.