Endlich ist es so weit: die europäische Lebensmittelbehörde EFSA nimmt gesundheitsbezogene Angabe zu Folsäure und Neuralrohrdefekt auf.
Beim Blick auf Herstellerangaben zu konkreten Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln fällt auf, dass sie für die einzelnen Stoffe fast identisch sind. Das liegt nicht daran, dass die Hersteller voneinander abschreiben, sondern hat rechtliche Gründe. Im Falle von Nahrungsergänzungsmitteln müssen gesundheitsbezogene Angaben nämlich der EU-Verordnung Nr. 432/2012 entsprechen.1
Praktischerweise liegt dieser Verordnung bereits eine Liste von vorformulierten Angaben bei. Zuständig dafür ist die European Food Safety Authority (EFSA, deutsch: Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit). Die meisten Angaben treten in einer Form auf, die der folgenden ähnelt: „Stoff X leistet einen Beitrag zur Verminderung/Verbesserung/etc. von Y.“
Vorschriften machen gerade kleinen Herstellern das Leben schwer
Dieses System wird häufig kontrovers diskutiert. Einerseits ist es gewiss richtig, Nahrungsergänzungsmittel von Medikamenten deutlich unterscheidbar zu machen. Medikamente sollten sicher ein aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen, was bei Nahrungsergänzungsmittel nicht erforderlich ist. Andererseits ist es aber auch so, dass auf diese Weise sichergestellt ist, das Gesundheitsprodukte fast ausschließlich von denen angeboten werden können, die sich teure Zulassungsverfahren leisten können.
Insbesondere die sehr restriktiv beschränkten Angaben zur Gesundheitswirkung beziehungsweise die Healths Claims („Gesundheits-Aussagen“) führen dazu, dass gerade kleinere Hersteller kaum eine Möglichkeit haben, auf ihre Produkte hinzuweisen, ohne Post von einem Abmahn-Anwalt zu riskieren. Bewegen sie sich nämlich nur leicht außerhalb des engen Rahmens der Health Claims, drohen ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit genau diese teuren bis Existenz-gefährdenden Abmahnungen. Also findet der Verbraucher auf Verpackungen von Nahrungsergänzungsmittel kaum mehr als Formulierungen wie: „Stoff X leistet einen Beitrag zur Verminderung/Verbesserung/etc. Von Y.“
Viele längst bestätigte Gesundheitswirkungen warten auf die Zulassung als Health Claim
Tatsächlich ist es so, dass eine ganze Reihe an Gesundheitswirkungen darauf wartet, von der EFSA anerkannt und mit einem Health Claim bedacht zu werden. Darunter finden sich zahlreiche Eigenschaften die seit langem bekannt und weitgehend unumstritten sind. Dies gilt auch für den Zusammenhang zwischen einem Mangel an Folsäure (Vitamin B9) während der Schwangerschaft und der Entstehung von Neuralrohrdefekten beim Fötus. Hierbei handelt es sich um eine sehr schwerwiegende Fehlentwicklung, die mit gravierenden Missbildungen oder auch einem tödlichen Ausgang verbunden sein kann.
Dass Folsäure-Mangel hier als Risikofaktor auftritt, gilt als erwiesen. Allerdings entwickeln sich Neuralrohrdefekte in einem frühen Stadium der Schwangerschaft. Um einen idealen Gehalt an Folsäure im Blut zu gewährleisten, muss die optimale Versorgung also schon etwa vier Wochen vor dem Eintritt der Schwangerschaft einsetzen. Da dies praktisch nur selten umsetzbar ist, empfehlen Experten Frauen im gebärfähigen Alter grundsätzlich, sich ausreichend mit Folsäure zu versorgen. Dies ist auch sinnvoll.
Erfahrungen beispielsweise aus den USA und Kanada zeigen, dass der obligatorische Zusatz von Folsäure im Mehl zu einer deutlichen Abnahme an Neuralrohrdefekten geführt hat.
Nun darf auf die Gefahr von Neuralrohrdefekten bei Folsäure-Mangel in der Schwangerschaft hingewiesen werden
Auf all dies hat nun auch die EFSA reagiert und folgende gesundheitsbezogene Angabe ihrer Liste hinzugefügt:
„Die ergänzende Aufnahme von Folsäure erhöht bei Schwangeren den Folatspiegel. Ein niedriger Folatspiegel ist bei Schwangeren ein Risikofaktor für die Entstehung von Neuralrohrdefekten beim heranwachsenden Fötus.“
Dieser Hinweis kann nun für Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden, die mindestens 400 Mikrogramm Folsäure je Tagesdosis enthalten. Zudem muss eine Belehrung darüber stattfinden, dass Frauen im gebärfähigen Alter angesprochen werden – nun, andere Gruppen wie beispielsweise Männer oder nicht-gebärfähige Frauen sind eher selten von einer Schwangerschaft betroffen.
Außerdem muss der Hinweis erfolgen, dass sich die positive Wirkung auf eine ergänzende Einnahme bezieht, die einen Monat vor der Empfängnis beginnt und bis zum dritten Schwangerschaftsmonat reicht.2
Quellen: