Das Immunsystem benötigt nicht nur Vitamin C und Zink, um gut zu funktionieren. Vitamin D, Vitamin E, B-Vitamine und weitere Spurenelemente sind ebenso wichtig. Eine Studie von Menschen mit der Immunschwächekrankheit AIDS hat jetzt nachgewiesen: Multivitamine und Selen können HI-Virus vom Angriff auf Helferzellen abhalten.
Das Auftreten der Immunschwächekrankheit AIDS hat das Leben der Menschheit nachhaltig verändert. So mussten bei Blutkonserven die Sicherheitsvorkehrungen drastisch erhöht werden und Sexualkontakte können heute bei Weitem nicht mehr so unbeschwert eingegangen werden wie in den 1960er oder 1970er Jahren. Dennoch infizieren sich immer mehr Menschen mit dem tödlichen HI-Virus.
Medikamentös durch die sogenannte antiretroviale Therapie (ART) lässt sich der Verlauf der Erkrankung inzwischen zwar über sehr viele Jahre bis zum Erreichen schwererer Stadien hinauszögern, eine Heilung ist jedoch auch weiterhin ausgeschlossen. Das Heimtückische an AIDS ist dabei, dass sich das Virus zu seiner Vermehrung körpereigene Zellen, die auch Helferzellen genannt werden, zu Nutze macht. Dabei handelt es sich um CD4-Zellen, die mit dem Befall durch das HI-Virus reduziert werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt vor, mit der ART einzusetzen, wenn ein Wert von 350 CD4-Zellen pro Mikroliter Serum erreicht ist. In vielen Ländern gelten jedoch niedrigere Werte als Indikationsgrenze. Dann ist die Krankheit bereits weiter fortgeschritten.
Studie in Botswana an HIV positiven Menschen im Frühstadium der Erkrankung
Insbesondere dort, wo AIDS am meisten grassiert, im südlichen Afrika, wird erst deutlich später eingegriffen. In Botswana beispielsweise, dem Land mit der weltweit zweithöchsten AIDS-Rate – etwa ein Viertel aller Erwachsenen sind infiziert – wurde mit der kostspieligen ART bis Mai 2008 erst bei 200 CD4-Zellen pro Mikroliter Serum begonnen und danach bei 250.
Gerade eine frühzeitige Behandlung gewährt jedoch die größtmöglichen Chancen gravierende Symptome langfristig zu verzögern und die Sterberate zu vermindern. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Marinna Baum, Florida International University, USA, hat daher in Botswana unter 878 HIV positiven Patienten im frühen Stadium der Erkrankung eine Studie durchgeführt, um alternative Therapieformen zu testen.1
Bei allen Probanden wurden mehr als 350 CD4-Zellen pro Mikroliter Serum festgestellt und die antiretroviale Therapie wurde demzufolge bei keinem angewendet. Ziel war es, den Einfluss von Multivitaminen auf die Anzahl der CD4-Zellen im Serum als Indikator für den fortschreitenden Einfluss des Virus auf das Immunsystem des Organismus zu identifizieren. Dazu wurden die Probanden randomisiert in vier Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe wurde ein Multivitaminpräparat mit den B-Vitaminen, Vitamin C sowie Vitamin E vergeben.
Die Teilnehmer der zweiten Gruppe erhielten Selen und in der dritten Gruppe wurde das Selen zusätzlich zum Multivitaminpräparat eingenommen. In einer vierten Gruppe wurde lediglich ein Placebo verabreicht.
Abbau von CD4-Zellen verzögert
Nach dem 24monatigen Studienzeitraum zeigte sich, dass diejenigen Patienten, die die Multivitamine in Kombination mit dem Selen einnahmen, ein signifikant niedrigeres Risiko hatten, den zu dieser Zeit in Botswana gültigen Eingreifwert von 250 CD4-Zellen pro Mikroliter Serum zu erreichen als die Teilnehmer der Placebo-Gruppe. Darüber hinaus war die AIDS bedingte Sterberate im Vergleich zur Placebo-Gruppe in der Multivitamin-Selen-Gruppe niedriger, beziehungsweise die Todesfälle traten später auf.
Weder in der Gruppe, in der nur Multivitamine vergeben wurden, noch in der Selen-Gruppe waren signifikante Unterschiede zur Placebo-Gruppe feststellbar. Messbare Nebenwirkungen traten in keiner Gruppe auf.
Quelle:
- Baum Marianna K., “Effect of Micronutrient Supplementation on Disease Progression in Asymptomatic, Antiretroviral-Naive, HIV-Infected Adults in Botswana. A Randomized Clinical Trial”, JAMA, Volume 310, Number 20, Pages 2154 – 2163. ↩