Resveratrol, das oligomere Procyanidin (OPC) mit sehr guten antioxidativen Eigenschaften, kann die Augen vor altersbedingten Schäden (AMD) oder Schäden aufgrund von erhöhtem Blutzuckerspiegel (diabetische Retinopathie) schützen. Das ergibt sich aus einer in 2016 veröffentlichten Studie.
Resveratrol Wirkung – kann es die Blut-Augen-Schranke überwinden?
Damit ein Stoff wirken kann, ist es unabdingbar, dass er oder Stoffe, die aus ihm entstehen, an die Stelle, wo er wirken soll, auch gelangen kann. Hinter dieser Aussage steckt gewiss eine sehr naheliegende Logik und dennoch ist es wichtig, sie für den folgenden Fall einmal zu formulieren. Dabei geht es um das Polyphenol Resveratrol.
Zu diesem antioxidativen Pflanzenstoff, der besonders reichhaltig in den Schalen roter Weintrauben sowie in Rotwein enthalten ist, existieren nämlich eine ganze Reihe an Studien, die auf seine günstigen Effekte gegen verschiedene Augenleiden hinweisen. Dazu gehören trockene Augen, der grüne und der graue Star oder das Glaukom und die Katarakt sowie die Netzhauterkrankungen altersbedingte Makuladegeneration AMD und diabetische Retinopathie.
Kann Resveratrol ins Auge gelangen?
Obwohl Resveratrol so häufig im Mittelpunkt steht, wenn es um die Augengesundheit geht, wurde bisher jedoch vernachlässigt zu überprüfen, ob Resveratrol beziehungsweise seine Metaboliten oder Umwandlungsprodukte überhaupt in der Lage sind, die Barriere zu überwinden, die das Auge vor dem Eindringen fremder Stoffe schützt – die sogenannte Blut-Augen-Schranke. Andernfalls wären die festgestellten Wirkungen bei einer oralen Einnahme nicht auf Resveratrol zurückzuführen. Ein chinesisch-US-amerikanisches Team von Wissenschaftlern verschiedener Universitäten und Gesundheitseinrichtungen hat sich nun dieser Frage angenommen.
Untersuchungen in verschiedenen Bereichen des Auges nach Resveratrol-Einnahme
An ihrer Studie nahmen 35 Testpersonen, 20 Männer und 15 Frauen, im Alter von 20 bis 74 Jahren teil. Bei allen trat eine Netzhautablösung auf, derentwegen ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden musste. Ihnen wurden an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 100 Milligramm Resveratrol in seiner biologisch aktiven Form Trans-Resveratrol zur oralen Einnahme gegeben. Das Präparat enthielt darüber hinaus unter anderem zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit das Polyphenol Quercetin, Reiskleie und Vitamin D3.
Einige Stunden nach der letzten Einnahme wurden insgesamt 35 Gewebeproben aus der Bindehaut entnommen. Gleiches geschah mit dem Kammerwasser in der vorderen und hinteren Augenkammer sowie der gelartigen Substanz, die den inneren Bereich der Augen füllt. Dieser Teil heißt Glaskörper und wird mehr noch als die Augenkammern von der Blut-Augen-Schranke geschützt.
Resveratrol kann Blut-Augen-Schranke kaum überwinden – aber seine Umwandlungsprodukte
Eine kleine Enttäuschung ergab sich, als der Resveratrolgehalt in den Proben bestimmt wurde. In der Bindehaut betrug er noch 17,19 Nanomol pro Gramm. Bereits im Kammerwasser lag der Wert jedoch nur noch knapp an der Messbarkeitsgrenze – unmöglich, dass so geringe Konzentrationen eine Wirkung entfalten können. Nun richteten die Wissenschaftler aus dem Reich der Mitte ihren Blick beziehungsweise ihre Analyseinstrumente auf die Metaboliten von Resveratrol – drei davon sind bekannt.
Genau das war ein Volltreffer. Resveratrol-3-Sulfat beispielsweise gelangte nicht nur in einer mittleren Menge von 364,9 Nanomol je Liter in das Kammerwasser. Es war selbst in den Proben aus dem Glaskörper mit immerhin durchschnittlich 62,95 Nanomol pro Liter nachweisbar. Die beiden anderen Metaboliten, Resveratrol-3-O-Glucuronid und Resveratrol-4´-O-Glucuronid, hingegen waren lediglich im Kammerwasser zu jeweils knapp unter 90 Nanomol den Liter zu finden.
Große Varianzen bei Einzelergebnissen
Damit ist belegt, dass zumindest die Metaboliten von Resveratrol in der Lage sind, die Blut-Augen-Schranke zu überwinden. Es ist also möglich, dass sie ursächlich für die bisher lediglich durch Beobachtung festgestellten Effekte bei der Behandlung von Augenkrankheiten verantwortlich sind. Allerdings gibt auch dieses Ergebnis Anlass, weitere Studien zu diesem Thema durchzuführen. Die oben dargestellten Konzentrationen sind nämlich Durchschnittswerte. Tatsächlich gab es extreme Unterschiede bei den Einzelergebnissen. Im Falle von Resveratrol-3-Sulfat im Kammerwasser lagen sie von Werten unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze bis zu einem Gehalt von 3.539 Nanomol auf den Liter. Es muss also noch weitere Faktoren geben, die Resveratrol beziehungsweise seinen Metaboliten das Überwinden der Blut-Augen-Schranke erlaubt.
Quelle: Sun, Xufang, et al., Tissue Distribution of trans-Resveratrol and Its Metabolites after Oral Administration in Human Eyes, Journal of Ophthalmology, Volume 2017 (2017), Article ID 4052094, Epub published ahead of print.