Wer sich im Internet informiert, ob Chondroitin und Glucosamin gegen Arthrose wirksam sind, stösst über kurz oder lang auf einen Artikel des Ärzteblatts. Darin wird eine Studie zu Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat zitiert und geschrieben: “Orale Substitution wirkt wie Placebo”1.
Auf hochdeutsch für den Nicht-Mediziner: Ob man Chondroitin und Glucosamin einnimmt oder 5 Gramm Mehl – das mache laut dieser Studie keinen Unterschied. Glucosamin und Chondroitin sind angeblich unwirksam.
Ein vernichtendes Urteil, welches so garnicht ins Erfahrungsbild vieler Orthopäden passt. Sagt die Studie das wirklich aus?
Leider wird im Ärzteblatt und an vielen anderen Orten nur die halbe Wahrheit über diese Studie und die Glucosamin-Chondroitin-Wirkung berichtet und es werden zentrale Ergebnisse der Studie einfach unter den Tisch fallen gelassen.
Machen Sie sich selbst ein Bild, schauen wir uns gemeinsam die Studie und die Ergebnisse an 2 (die Studie im Original, kompletter Text finden Sie hier):
Die halbe Wahrheit
Die Studie, die als Hintergrund zitiert wird, ist eine große kontrollierte, randomisierte Doppelblindstudie an 1.585 Patienten mit Gonarthrose (Kniearthrose)3. Der Studienaufbau und die Größe sind von diesen Kriterien her als erstklassig und aussagekräftig zu bewerten.
Studienaufbau: 1.585 Patienten mit Kniearthrose wurden über 24 Wochen entweder mit Chondroitinsulfat, mit Glucosaminsulfat, mit Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat, mit einem Placebo (ein unwirksames Kontrollmittel) oder Celecoxib® (200 mg) versorgt. Celecoxib® ist ein schmerzstillendes Medikament, ein sogenanntes nicht-steroidales Antirheumatikum (NSAR). Nach 24 Wochen wurde anhand des allgemein anerkannten WOMAC-Scores4 festgestellt, welcher der Patienten von einer Verbesserung von Schmerz und Beweglichkeit von mindestens 20% berichtet.
Studienergebnis: Immerhin 60% aller Teilnehmer wiesen eine solche Verbesserung von mindestens 20% auf. Das ist eine sehr hohe Erfolgsquote. Auch im Placebo-Bereich haben relativ viele Patienten von einer Verbesserung berichtet.
Wichtig ist also der Unterschied zwischen Placebo und den unterschiedlichen, getesteten Mitteln:
- Die Glucosamin Wirkung war 3,9% besser als Placebo,
- Die Chondroitin Wirkung war 5,3% besser als Placebo,
- Chondroitin und Glucosamin wirken 6,5% besser als Placebo,
- das Schmerzmittel Celecoxib war 10% besser als Placebo.
Berücksichtigt man die Größe der Teilnehmerzahl, so ergibt die statistische Analyse, dass bei den Wirkungen von Glucosamin und Chondroitin nicht mit Sicherheit (“statistischer Signifikanz”) ausgeschlossen werden kann, dass auch Zufälle zu den Unterschieden geführt haben könnten. Beim Schmerzmittel Celecoxib® ist der Wirkungsgrad nur etwas besser und nur knapp oberhalb der statistischen Signifikanz.
Daraus, und bis zu diesem Zeitpunkt vordergründig richtig, resultiert die Aussage “Chondroitin und Glucosamin wirken nicht besser als Placebo“.
Immerhin wurde im Ärzteblatt erwähnt, dass in der Gruppe der Patienten mit mittlerer und schwerer Arthrose die Wirkstoffe Glucosamin und Chondroitin signifikant besser als das Placebo waren (79% Wirksamkeit im Vergleich zu 54% bei Placebo). Trotzdem urteilt das Ärzteblatt: “Doch dies vermag die Autoren um Daniel Clegg (University von Utah in Salt Lake City) nicht von der Wirksamkeit der Präparate zu überzeugen.”
Wirklich nicht?
Die ganze Wahrheit
Studienaufbau: Von den 1.585 Patienten wiesen nur 354 Patienten mittlere bis schwere Schmerzen bedingt durch Arthrose und Arthritis auf. 1.221 Patienten hatten hingegen nur leichte Schmerzen.
Wissenschaftler wissen: Effekte von Stoffen können umso besser gemessen werden, je eindeutiger die Ausgangslage ist. Ein Versuchsaufbau, der nur auf leichten Störungen oder geringen Abweichungen zum Normalzustand aufsetzt, hat es immer schwer, zufällige Effekte von echten Wirkungen zu unterscheiden und so Placebo-Effekte auszuschliessen. So kann auch das getestete Schmerzmittel Celecoxib nur so gerade eben ein Signifikanzniveau erreichen. Das bedeutet: auch das chemische Schmerzmittel ist nur geringfügig besser als ein Placebo.
Schauen wir uns daher die Ergebnisse für diejenigen Patienten an, die erhebliche Probleme mit Arthrose haben:
Studienergebnis: Der wirklich wichtige Ergebnis zur Wirksamkeit von Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat ist: Innerhalb der Gruppe der Menschen, die ernsthafte Probleme mit Arthrose haben, ist Chondroitin und Glucosamin in Kombination mit fast 80% Erfolgsquote hochwirksam und signifikant wirksamer als Placebo.
Denn der Unterschied zwischen Placebo-Wirkung und der Wirkung von Glucosamin-Chondroitin ist hochsignifikant und bedeutend.
Die Studienautoren über Glucosamin und Chondroitin
Die Autoren der Studie schreiben dann auch:
“Exploratory analyses suggest that the combination of glucosamine and chondroitin sulfate may be effective in the subgroup of patients with moderate-to-severe knee pain.” zu deutsch:
Die Studienergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Kombination von Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat effektiv bei Patienten mit mittlerer bis schwerer Kniearthritis sein können.
Was für ein himmelweiter Unterschied zu dem, was an anderen Stellen aus der Studie gemacht wird. Ebenso erstaunlich und erschreckend ist, dass kaum zu den Nebenwirkungen der pharmazeutisch-chemischen Alternative, den NSAR (nicht-steroidalen Antirheumatika) berichtet wird. Zudem beeinflussen Therapien mit Scherzmittel lediglich die Symptome (Schmerzen), aber nicht die Ursachen (Knorpelverlust, Entzündungen).
Tipp: Kombinieren Sie Chondroitin und Glucosamin mit Omega-3-Fettsäuren, Pinienrindenextrakt und Gelenk-Spurenelementen wie Selen und Mangan, um Ihren Gelenkknorpel optimal vor Entzündungen zu schützen und wieder aufzubauen!
Nebenwirkungen von Glucosaminsulfat oder Chondroitinsulfat? Fehlanzeige.
In einer Ãœbersichtsarbeit, die 2009 im Fachjournal “Arthroscopy” veröffentlicht worden ist, wurden neben den Wirkungen auch insbesondere die möglichen Nebenwirkungen und die Sicherheit der beiden natürlichen Arthrosemittel untersucht. Das Ergebnis der Analyse vieler Studien lautet zusammengefasst: 5
- Fast jede Studie weist nach, dass es keine Nebenwirkungen gibt (“Almost every included trial has found the safety of these compounds to be equal to placebo.”), und
- Viele Studien weisen eine schmerzlindernde Wirkung nach. Wegen der hervorragenden Verträglichkeit und Sicherheit sollten Chondroitinsulfat und Glucosaminsulfat bei der Arthrosebehandlung an erster Stelle stehen (“Many studies confirmed OA pain relief with glucosamine and chondroitin sulfate use. The excellent safety profile of glucosamine and chondroitin sulfate therapy should be discussed with patients, and these supplements may serve a role as an initial treatment modality for many OA patients.“)
Nachweise:
- Deutsches Ärzteblatt, Heft 10 / 2006, Seite B501 ↩
- ebenso zu lesen bei Dr. Volker Schmiedel, FA für Physikalische und Rehabilitative Medizin, www.arthrose-1.de ↩
- Clegg, D.O. et al.: Glucosamine, chondroitin sulfate, and the two in combination for painful knee osteoarthritis. NEJM, 2006, 354, 795-808 ↩
- WOMAC = Western Ontario and McMaster Universities Index of Osteoarthritis. Ein standardisierter Befragungsbogen, bei dem anhand von 24 Fragen und Befundsegmenten Kniearthritis und Hüftarthritis festgestellt und in ihrer Stärke beurteilt werden ↩
- Vangsness CT Jr, Spiker W, Erickson J.; “A review of evidence-based medicine for glucosamine and chondroitin sulfate use in knee osteoarthritis.”; Arthroscopy. 2009 Jan;25(1):86-94. doi: 10.1016/j.arthro.2008.07.020. Epub 2008 Sep 30. Die folgenden Zitate stammen aus der medizinischen Bibliothek http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19111223 ↩