Wissenschaftler stellen bei älteren Personen Vitamin-B12-Mangel trotz guter allgemeiner Versorgung fest
Zu den kanadischen Schlegel Villages gehören derzeit 16 Einrichtungen im gesamten Bundesstaat Ontario. Rund 3.000 ältere Menschen leben hier nach dem Konzept des betreuten Wohnens. Die Villages oder Dörfer, die nach Ihrem Gründer, Dr. Ron Schlegel, benannt sind, zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass hier ein natürliches, dörfliches Gemeinschaftsgefühl quasi wie von selbst entsteht.
Doch nicht nur die freundliche und sympathische Architektur sowie die Organisation des Gemeinwesens sind herausragende Merkmale der Schlegel Villages. Hinter ihnen steckt auch das Engagement sowie die Forschung des Schlegel Research Institute for Aging (RIA), das seine Tätigkeit mit der University of Waterloo, ebenfalls Ontario, Kanada, gebündelt hat.
Vitamin B12 Studie in Vorbild-Einrichtungen der Langzeitpflege
Wissenschaftlern von RIA und Waterloo-Universität konnten nun in einer Studie besorgniserregende Fakten zum Vitamin-B12-Status der Schlegel-Village-Bewohner aufdecken. Möglich wurde das, weil in diesen Einrichtungen der Langzeitpflege Vitamin-B-12 Niveaus bei der Aufnahme sowie in jährlich stattfindenden Tests festgestellt werden. Die Forscher nahmen unter allen Bewohnern eine repräsentative Zufallsauswahl vor und wählten so aus acht Villages insgesamt 412 Teilnehmer aus. Davon waren 69 Prozent oder 286 Personen Frauen.
Psychische Faktoren blockieren die Verfügbarkeit von Vitamin B12 zusätzlich
Die vorhandenen Daten zeigten, dass zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme 13,8 Prozent der Bewohner einen Vitamin-B12-Mangel aufwiesen. Bei 38,3 Prozent lag ein leichtes Vitamin-B12-Defizit vor. Nur bei 47,6 Prozent der Personen konnte ein normaler Vitamin-B12-Spiegel festgestellt werden. Erschreckender Weise nahm das Auftreten des Vitamin-B12-Mangels im ersten Jahr ihres Aufenthaltes unter den Bewohnern um weitere vier Prozent zu.
In diesem Zusammenhang konnte allerdings keine unzureichende allgemeine Versorgung über die Ernährung festgestellt werden. Es war vielmehr so, dass aufgrund der Übergangsituation in ein neues Leben und dem damit verbundenen Stress sowie einhergehenden Ängsten der Körper das aufgenommene Vitamin B12 einfach nur zu einem sehr geringen Anteil annahm. Psychische Faktoren haben also die belegte, altersbedingt verminderte Fähigkeit, Vitamin B12 für den Organismus verfügbar zu machen, noch verstärkt.
Vitamin-B12-Mangel im Alter besonders gefährlich
Dabei ist ein Mangel an Vitamin B12 gerade bei älteren Personen besonders bedenklich, da er bei ihnen mit besonders schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden sein kann. In zahlreichen Studien konnten hier Zusammenhänge mit der Entstehung von Depressionen, lethargischen Zuständen und Osteoporose aufgezeigt werden. Auch die Entwicklung von Demenzen kann begünstigt werden.
Zwar werden die Symptome eines akuten Vitamin-B12-Mangels häufig mit denen einer frühen Demenz verwechselt und klingen rasch ab, wenn die Vitamin-B12-Versorgung des Organismus durch eine gesteigerte Aufnahme wieder hergestellt ist. Die Wissenschaftler des RIA-Waterloo-Teams empfehlen den Schlegel-Village-Bewohner daher Vitamin-B12-Ergänzungen einzunehmen oder Lebensmittel zu verzehren, die zusätzlich mit Vitamin B12 angereichert sind.
Quelle: Pfisterer, Kaylen J., et al., Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism, January 2016, Epub published ahead of print.