Anämie bei Kindern und Jugendlichen kann durch eine gute Versorgung mit Vitamin D oft vermeidbar sein. Vitamin D ist also nicht nur zur Prophylaxe der Rachitis, einer Fehlentwicklung der Knochen als Ergebnis von Vitamin-D-Mangel, sondern auch für ein gesundes Blutbild vor allem in jungen Jahren notwendig.
An einer der renommiertesten medizinischen Einrichtungen der USA für Kinder, dem John Hopkins Children’s Center in Baltimore, Maryland, konnte ein Team von Wissenschaftlern einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Mangel an Vitamin D und Anämie aufdecken.1 Freilich ist den Forschern ein harter Ursachennachweis beziehungsweise der Beweis eines Wirkzusammenhangs nicht gelungen, dennoch weisen die vorgelegten Ergebnisse auf eine hohe Wahrscheinlichkeit von einem Wechselspiel zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Niveau und Hämoglobin hin.
Hämoglobin ist ein Protein in den roten Blutkörperchen, das stark eisenhaltig und für den Sauerstofftransport in den Blutbahnen zuständig ist. So ist typischerweise auch die erste Vermutung für den Auslöser der Anämie ein Eisenmangel.
Schon ein geringer Vitamin-D-Mangel kann Risiko für Anämie verdoppeln
Im Fokus ihrer Querschnittsstudie standen 10.410 gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von einem und 21 Jahren. Die Daten entstammten der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) auch den Jahren von 2001 bis 2006. Diese, in den gesamten USA durchgeführten Erhebungen beinhalten neben Interviewdaten auch die Ergebnisse medizinischer Untersuchungen sowie die dazugehörigen Blutproben.
Aus den Blutproben verglichen die Wissenschaftler aus Baltimore Vitamin-D und Hämoglobin-Werte der beteiligten Probanden. Nach ihrer Definition lag eine Anämie dann vor, wenn der Hämoglobin-Gehalt im Blut dem entsprach, was im Bereich der untersten fünf Prozent der Resultate einer landesweiten und repräsentativen Vorgängerstudie bei gleichem Alter und Geschlecht lag.
Allgemein konnten die Hopkins-Forscher dabei feststellen, dass der Vitamin-D-Spiegel bei den Kindern und Jugendlichen mit unterdurchschnittlichen Hämoglobin-Werten durchweg niedriger war, als bei Heranwachsenden, bei denen keine Tendenz zur Anämie vorlag. Interessanterweise gab es den stärksten Anstieg für das Anämie-Risiko exakt ab dem Moment, an dem ein relativer, leichter Mangel oder eine Vitamin-D-Insuffizienz erreicht war. Dieses Defizit ist dann gegeben, wenn der Wert des im Blutserum vorhandenen 25(OH)Vitamin D3 die Menge von 30 Nanogramm pro Milliliter unterschreitet.
25(OH)Vitamin D3 ist das in Leber und Nieren entstandene Umwandlungsprodukt aus dem auf der Haut gebildeten Vitamin D3 oder über die vegetarische Nahrung zugeführten Vitamin D2 beziehungsweise D3 aus tierischen Nahrungsquellen. Kinder und Jugendliche ab einer Vitamin-D3-Insuffizienz hatten im Vergleich zu Probanden mit normalen oder hohen 25(OH)Vitamin-3-Werten ein fast doppelt so hohes Risiko von einer Anämie betroffen zu sein.
Forscher zweifeln an einheitlicher Dosierungsempfehlung
Da die Versorgung mit 25(OH)Vitamin D3 hauptsächlich durch die Einwirkung von UV-Strahlen auf die Haut gewährleistet wird, wollten die Wissenschaftler auch wissen, ob der natürliche Sonnenschutzfaktor, die Hautfarbe, einen Einfluss auf das Anämie-Risiko hat.
Also verglichen sie auch die Blutproben von afro-amerikanischen und weißen Kindern und Jugendlichen, mit dem Resultat, dass 14 Prozent derjenigen mit dunkler Hautfarbe an einer Anämie litten, während es bei den Hellhäutigen nur zwei Prozent waren. Dem einher gingen auch signifikant niedrigere 25(OH)Vitamin-3-Werten bei den afro-amerikanischen Probanden.
Das Anämie-Risiko der Dunkelhäutigen stieg jedoch nicht, solange ihr 25(OH)Vitamin-3-Spiegel nicht deutlich unter dem der hellhäutigen Teilnehmer sank. Diese hautfarbenabhängig stark divergierende Disposition oder Anfälligkeit führte das Forscherteam schließlich dazu, die gegenwärtige Strategie bei der Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln “One-Size-Fits-All” (eine Dosierung geeignet für alle) zu hinterfragen. Zumindest im Falle von Vitamin D sind am besten individuelle Kriterien, die die Synthese zu 25(OH)Vitamin-3 beeinflussen, zu beachten.
Empfehlungen für Deutschland
Für Deutschland empfiehlt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.) 20 µg pro Tag, wenn sie nicht Sonnenschein ausgesetzt sind. Die Sonne muss, um Vitamin D in der Haut zu produzieren, aber mindestens 45 Grad hoch am Himmel stehen. Dies ist nur im Sommer zwischen dem späten Vormittag und frühen Nachmitag der Fall. Sonnencreme unterbindet die Bildung von Vitamin D fast völlig (LSF 12 zu 99%). Etwa 2 – 4 µg werden über die reguläre Ernährung aufgenommen. Es verbleiben mindestens 15 µg, die nur über eine Nahrungsergänzung aufgenommen werden können.
Studie:
- Meredith A. Atkinson et al., “Vitamin D, Race and Risk von Anemia in Children”; The Journal of Pediatrics, published online ahead of print, 2013, DOI 10.1016/j.jpeds.2013.08.060 ↩