Studie stellt Jodmangel bei Schwangeren trotz Verwendung von jodiertem Salz fest
Der Mineralstoff Jod gehört zu den Spurenelementen, auf die der Mensch essentiell angewiesen ist. Das heißt er muss über die Nahrung eingenommen werden. Das ist notwendig, da der größte Teil des aufgenommenen Jods in der Schilddrüse eingelagert wird und dort die Aminosäure L-Tyrosin jodiert. Das Ergebnis ist die Aminosäure Diiodtyrosin (DIT), aus der Triiodthyronin und Thyroxin entstehen.
Den beiden Schilddrüsenhormonen kommen unentbehrliche Aufgaben im Energiestoffwechsel zu. Darüber hinaus steuern sie das Zellwachstum sowie das Wachstum des ganzen Organismus mit. Weitere Funktionen nimmt Jod bei der neurologischen Entwicklung ein sowie bei den Veränderungen des Stoffwechsels während der Schwangerschaft, die daher auch mit einem erhöhten Bedarf an dem Spurenelement verbunden ist. Jod ist also ein extrem wichtiger Mikronährstoff.
Health Claims zu Jod
So widmet die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) dem Mineralstoff auch ganze fünf Health Claims, also gesundheitsbezogene Angaben, die Anbieter von Jod-Produkten verwenden dürfen. Demnach trägt Jod
- zu einer normalen kognitiven Funktion,
- zu einem normalen Energiestoffwechsel,
- zu einer normalen Funktion des Nervensystems,
- zur Erhaltung normaler Haut und
- zu einer normalen Produktion von Schilddrüsenhormonen und zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei.
Wie hoch ist der tägliche Jod-Bedarf?
Unterschiedliche Auffassungen gibt es jedoch, wenn es um die empfohlene Einnahmemenge pro Tag geht. Die EFSA rät Erwachsenen zu 150 Mikrogramm, wobei schwangere und stillende Frauen 200 Mikrogramm zu sich nehmen sollten. Die Weltgesundheitsorganisation sieht bei letzteren einen Bedarf von 250 Mikrogramm und in England werden nur 140 Mikrogramm ohne besondere Berücksichtigung von Schwangeren und Stillenden empfohlen.
Um auch nur ein niedriges Niveaus zu erreichen, ist es oft erforderlich, bestimmte Lebensmittel – vor allem Salz – zu jodieren. Das liegt daran, dass in weiten Teilen der Welt, unter anderem auch in Deutschland die Böden so arm an Jod sind, dass eine Zusatzversorgung notwendig wird. Manchmal jedoch reicht selbst diese, wie die folgende Studie zeigt, nicht aus.
Studie im Jod-Mangelgebiet Trabzon, östliche Schwarzmeerregion der Türkei
Dazu bewegen wir uns in den tiefen Osten der türkischen Schwarzmeerregion. Hier befindet sich die Stadt Trabzon, die gleichzeitig auch das Zentrum der gleichnamigen Provinz ist. Ein weiteres Merkmal der Region ist, dass hier traditionell, letztmalig 1997 ein verstärkter Jodmangel festgestellt wird.
Seit 1999 gibt es jedoch auch in der Türkei eine obligatorische Jodierung von Tafelsalz. Dadurch wurde bis 2007 erreicht, dass bei Untersuchungen von Schulkindern keine Jod-Defizite mehr beobachtet wurden. Nur haben Kinder den geringsten Bedarf an Jod. Bei Schwangeren sieht das nicht nur ganz anders aus, auch gab es in der Region nur wenige Studien zu ihrer Versorgung mit Jod. Das wollten Wissenschaftler der Technischen Universität des Schwarzen Meeres, der Kanuni Ausbildungs– und Forschungsklinik, beide Trabzon, sowie der Ankara Universität in der Landeshauptstadt ändern.
Urinkonzentration von Jod zwischen 62 und 143 Mikrogramm pro Liter
Sie untersuchten 848 gesunde, schwangere Frauen im Durchschnittsalter von 28 Jahren. Keine der Frauen nahm zusätzliche Jod-Ergänzungsmittel zu sich. Die übergroße Mehrheit, 90,7 Prozent, nutze allerdings jodiertes Salz. Es wurde die Funktion der Schilddrüse überprüft, die Jod-Konzentration im Urin festgestellt sowie eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse durchgeführt.
Das Ergebnis war, dass die durchschnittliche Jodkonzentration im Urin 102 Mikrogramm pro Liter betrug. Die Verteilung reichte dabei von 62 bis 143 Mikrogramm pro Liter. Im obersten Drittel lag der Durchschnittswert bei 122 Mikrogramm, im mittleren bei 97 und im untersten bei 87.
Nach WHO-Definition litten alle untersuchten Frauen an Jodmangel
Nach Angaben der WHO liegt erst ab einem Uringehalt von über 150 Mikrogramm pro Liter kein Jodmangel vor. In Trabzon hatten also alle untersuchten Frauen trotz Jod-Salz, wobei in der Türkei gerne sehr stark gesalzen wird, einen leichten, mittleren und im Extremfall nahezu erblichen (50 Mikrogramm oder weniger) Jodmangel. Die Wissenschaftler leiteten aus ihren Resultaten die Empfehlung ab, dass schwangere Frauen in Gebieten wie Trabzon ein Ergänzungsmittel mit 100 bis 200 Mikrogramm Jod täglich zu sich nehmen sollten (1). Eine chinesische Studie rät hier jedoch zur Vorsicht, da eine Überversorgung mit Jod zu Fehlfunktionen der Schilddrüse führen kann. In ihrer Studie stellten sie ein signifikant häufigeres Auftreten insbesondere einer Unterfunktion der Schilddrüse bei stillenden Frauen mit einer hohen Jod-Aufnahme fest (2).
Quellen:
(1) Anaforoglu, I., et al., Iodine status among pregnant women after mandatory salt iodisation, Br J Nutr. 2015 Nov 24, S. 1 – 6.
(2) Lixiang, Liu, et al., The relationship between iodine nutrition and thyroid disease in lactating women with different iodine intakes, British Journal of Nutrition, Volume 114, Issue 09, November 2015, S. 1487 – 1495.