Steigert die Einnahme von Kalzium das Herzinfarktrisiko? Wenn auch nur der leiseste Verdacht aufkommt, ein Vitamin, Spurenelement oder Mineralstoff könne als Nahrungsergänzung eingenommen negative Wirkungen auf die Gesundheit haben, wird von der Presse gern aus einer aufkommenden Frage ein Fakt gemacht.
Denn mit Panik lässt sich die Auflage steigern, nicht aber mit langweiligen Fakten wie dem Nachweis, dass Vitamine und Spurenelemente in moderner Ernährung größtenteils fehlen und damit eine gesunde Versorgung mit notwendigen Mikronährstoffen oft nicht gewährleistet ist.
Kalzium und Herzinfarktrisiko – Was ist richtig?
In einigen wenigen Studien wurde der Verdacht genährt, dass die Einnahme von Kalzium-Präparaten das Herzinfarktrisiko steigern könne. Viel beachtet wurde beispielsweise seit 2010 eine neuseeländische Untersuchung, für die 15 randomisierte Studien einer Metaanalyse unterzogen wurden. Im Ergebnis kommen hier Mark Bolland und sein Team von der Universität Auckland zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von Kalzium-Präparaten mit einer Steigerung des Herzinfarktrisikos von knapp 30 Prozent verbunden sein kann (1).
Das blieb aber schon kurz nach der Veröffentlichung nicht unwidersprochen. Ein Hauptkritikpunkt an der Metaanalyse ist, dass lediglich in elf der 15 einbezogenen Studien kardiovaskuläre Ereignisse Untersuchungsgegenstand waren. Davon wiederum kamen in fünf dieser elf Studien keine Herzinfarkte unter den Teilnehmern vor. In die Risikoermittlung wurden jedoch nur die verbleibenden sechs Studien einbezogen, in denen Herzinfarkte diagnostiziert wurden sowie eine unterschiedliche Verteilung in den jeweiligen Kalzium- und Placebo-Gruppen analysiert werden konnte.
Die Berücksichtigung auch der ereignisfreien Studien hätte zu einem völlig anderen Ergebnis geführt.
Neue Studie spricht von einer Verminderung des Herzinfarkt-Risikos
Dazu ist jüngst eine weitere Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass Kalzium-Ergänzungen nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden sind, einen Herzinfarkt zu erleiden.
Grundlage für die neuen Erkenntnisse sind die über einen Zeitraum von knapp 24 Jahren, zwischen 1985 und 2008, gesammelten Daten von 74.245 Frauen. Dabei handelt es sich um die Teilnehmerinnen aus der Nurses‚ Health Studie – einer der umfangreichsten Gesundheitsstudien, die je durchgeführt wurden. In der Follow-Up-Phase über fast zweieinhalb Jahrzehnte kam es zu 2.709 Herzinfarkten sowie 1.856 Schlaganfällen. Eine Risikosteigerung durch die Einnahme von Kalzium-Präparaten konnte weder im einen noch im anderen Fall ermittelt werden.
Im Gegenteil fanden die Forscher heraus, dass die Einnahme von mindestens einem Gramm Kalzium am Tag mit einer Senkung des Risikos für Herz-Kreislaufkrankheiten von 18 Prozent verbunden war. Bezogen auf Herzinfarkte sank das Risiko sogar um 29 Prozent.
Zur Absicherung ihrer Ergebnisse schlagen die Forscher – ein Standardsatz am Ende fast jeder medizinisch-wissenschaftlichen Untersuchung – weitere Studien vor, die sich mit eventuellen Risiken einer Einnahme von Kalzium-Präparaten beschäftigen (2).
Quellen:
(1)Bolland, Mark, et al., Effect of calcium supplements on risk of myocardial infarction and cardiovascular events: meta-analysis, BMJ 2010; 341.
(2) Paik, J. M., et al., Calcium supplement intake and risk of cardiovascular disease in women, Osteoporos Int. 2014 Aug;25(8), S. 2047 – 56.