Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl sind hauptsächlich für ihre entzündungshemmenden, die Gefäßgesundheit fördernden und für die Entwicklung des Nervensystems bei Kleinkindern wichtigen Eigenschaften bekannt. Die neuere Forschung stellt jetzt auch fest: Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl können Depressionen mindern. Dabei ist EPA wirksamer gegen Depressionen als DHA.
Manchmal liest sich die Geschichte der Erforschung von Wirkzusammenhängen natürlicher Substanzen wie eine Detektivstory. Der Vergleich mit einem Puzzle, dessen einzelne Steine der Wissenschaftler in akribischer Kleinarbeit zusammensetzt, hinkt jedoch ein wenig. Tatsächlich sind die Hintergründe bei weitem komplexer. Um eine Vorstellung davon zu gewinnen, muss man sich vergegenwärtigen, dass sich, mit jedem Steinchen, dass gefunden wird und sich in ein anderes einfügt, nicht nur die Erkenntnis über die Passgenauigkeit aller anderen – auch bereits verwendeter – Steinchen verändert, sondern sich auch das Bild dessen was zusammengesetzt wird ständig wandelt.
Das Puzzle ist statisch. Die auf Evidenz beruhende Wissenschaft ist jedoch in einem ständigen Fluss und ergibt immer neue Sichtweisen auf die Zusammenhänge in der Welt, in der wir leben. Der vorsokratische Philosoph Heraklit von Ephesos hat dies bereits im fünften vorchristlichen Jahrhundert erkannt und in einem bemerkenswerten Satz zum Ausdruck gebracht: „Wer in dieselben Flüsse hinabsteigt, dem strömt stets anderes Wasser zu.“ Das größte Abenteuer, auf das sich die Menschheit bisher eingelassen hat!
Allmähliche Hinwendung der Gehirn-Forschung von DHA zu EPA
So stellt sich auch die Forschung zur Wirkung von Omega-3 Fettsäuren auf die kognitive oder das Gehirn und seine Funktion bezogene Gesundheit stets in einem neuen Lichte dar. Stand in den ersten Jahrzehnten die Docosahexaensäure (DHA) im Mittelpunkt des Interesses, neigt sich der Blick der Forscher seit einigen Jahren mehr und mehr in Richtung Eicosapentaensäure (EPA).
Dass zunächst DHA favorisiert wurde, hat wohl einen ganz einfachen Grund. Schließlich besteht das Gehirn zu etwa 60 Prozent aus Fettgewebe, wovon DHA als Baustein der Zellmembranen 40 Prozent ausmacht. EPA gewann erst ab dem Moment Aufmerksamkeit, an dem erkannt wurde, dass es an über die Blutbahnen stattfindenden Interaktionen unter den Zellen beteiligt ist. Chris Speed, ein anerkannter US-amerikanischer Ernährungsberater und Omega-3-Experte, hat das in dem Satz zusammengefasst:
DHA ist strukturell und EPA ist hormonell.
Erste Studie stellt Wirkung von EPA heraus
So stellt auch eine Studie aus dem Jahre 2008, die sich mit Erkenntnissen zu Omega-3 Fettsäuren beschäftigte, welche sich aus der National Health and Nutritional Examination Survey (NHANES) ergaben, fest, das jede Aufnahme von Omega-3 Fettsäuren, sei es DHA oder EPA, signifikant mit einer Verringerung depressiver Symptome verbunden ist.1 NHANES ist eine USA-weit durchgeführte Erhebung, die Interviews sowie medizinische Untersuchungen kombinierte. Von nun an ging es den Wissenschaftlern darum, herauszufinden, wie die einzelnen Omega-3 Fettsäuren sich präzise auf das Gehirn auswirken.
Auch hier liegen die aufschlussreichsten Daten aus dem Bereich der Forschung zu Depressionen vor. In steigendem Maße wurde nun erkannt, dass in den Studien, die eine höhere Wirksamkeit von Omega-3 Fettsäuren gegen Depressionen feststellten, Präparate eingesetzt wurden, in denen EPA in einer höheren Konzentration vorhanden war als DHA.
In der Folge bestätigen Meta-Analysen und Studien Wirksamkeit von EPA
Dies gipfelte zunächst im Jahre 2009 in einer Meta-Analyse von 28 Studien, die EPA in höherem Maße für positive Effekte gegen Depressionen verantwortlich machte als DHA.2
Zwei Jahre später, im Jahre 2011, wurde dies konkretisiert, als im Rahmen einer weiteren Meta-Analyse von 15 Studien mit insgesamt 916 Teilnehmern herausgefunden wurde, dass Omega-3 Präparate dann am effektivsten gegen Depressionen wirken, wenn die enthaltenen Omega-3 Fettsäuren zu mindestens 60 Prozent aus EPA bestanden. Präparate in denen weniger EPA als DHA enthalten waren wurden gar gegen Depressionen als wirkungslos eingestuft.3
Eine unlängst angestellte Untersuchung in der 81 Probanden mit leichten bis mittelschweren Depressionen über 12 Wochen entweder täglich ein Gramm EPA, DHA oder Placebo verabreicht wurde, ergab, dass sechs Teilnehmer aus der EPA-Gruppe auf der Hamilton-Skala, einem Diagnose-Werkzeug für Depressionen, 50prozentige oder größere Verbesserungen zeigten, während in der DHA-Gruppe keine Fortschritte erkennbar waren.4
Studien:
- Hoffmire, C.A., et al., „Associations between omega-3 poly-unsaturated fatty acids from fish consumption and severity of depressive symptoms: an analysis of the 2005-2008 National Health and Nutrition Examination Survey“, Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids, 2012 Apr, 86 (4-5), S. 155 – 60. ↩
- Martins, J. G., „EPA but not DHA appears to be responsible for the efficacy of omega-3 long chain polyunsaturated fatty acid supplementation in depression: evidence from a meta-analysis of randomized controlled trials“ J Am Coll Nutr, 2009 Oct, 28 (5), S. 525 – 42 ↩
- Sublette, M. E., et al., „Meta-analysis of the effects of eicosapentaenoic acid (EPA) in clinical trials in depression“, J Clin Psychiatry, 2011 Dec, 72 (12), S. 1577 – 84 ↩
- Hoffmire, C. A., et al., „Associations between omega-3 poly-unsaturated fatty acids from fish consumption and severity of depressive symptoms: an analysis of the 2005-2008 National Health and Nutrition Examination Survey“, Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids, 2012 Apr, 86 (4-5), S. 155 – 60. ↩